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Ansätze Zur Messung Der Unternehmenskultur

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Lehrstuhl für ABWL: Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Rostock Nerdinger, F. W. (Hrsg.) (2007). Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur. Möglichkeiten, Einordnung und Konsequenzen für ein neues Instrument. Arbeitspapiere aus dem Projekt TiM, Nr. 7, Universität Rostock. Universität Rostock - Universitätsdruckerei Prof. Dr. Friedemann W. Nerdinger (friedemann.nerdinger@uni-rostock.de) Universität Rostock Lehrstuhl für ABWL: Wirtschafts- und Organisationspsychologie Ulmenstr. 69 18057 Rostock

Kurztitel:

Druck: Autor:

© Universität Rostock, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für ABWL: Wirtschafts- und Organisationspsychologie, 2007.

Hinweis zum Projekt TiM: Das Projekt „TiM – Transfer innovativer Unternehmensmilieus“ ist ein vom BMB+F gefördertes Verbundprojekt und wird begleitet von der Bertelsmann Stiftung und der HansBöckler-Stiftung. Ziel des Projekts ist es, in Kooperation mit neun Unternehmen zu überprüfen, inwieweit Mitarbeiterbeteiligungsinstrumente und eine Kultur der Mitbestimmung bei einem Wandel in Unternehmen hilfreich sind, Anpassungskosten zu minimieren und Innovation zu befördern. Weitere Informationen zum Projekt TiM und Ansprechpartner unter www.projekt-tim.org Das dieser Publikation zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01HY0347 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur. Möglichkeiten, Einordnung und Konsequenzen für ein neues Instrument
Friedemann W. Nerdinger (Herausgeber)

Inhalt
Unternehmenskultur und ihre Messung: Thema eines Workshops (Friedemann W. Nerdinger)....................................................................................................... 3 Methoden zur Erfassung von Unternehmenskultur (Sonja A. Sackmann)........................... 6 1. Einführung.......................................................................................................................... 6 2. Herausforderungen bei der Erfassung von Unternehmenskultur ....................................... 6 2.1 Verschiedene Kulturperspektiven ................................................................................ 7 2.2 Die Beschaffenheit von Kultur..................................................................................... 8 2.3 Anzahl und Unterschiedlichkeit der Kulturkomponenten............................................ 8 2.4 Anzahl als relevant betrachteter Kulturdimensionen ................................................... 9 3. Existierende Erfassungsmethoden im Überblick ............................................................. 11 3.1 Ansätze mit einer Datenerhebungsmethode ............................................................... 13 3.1.1 Fragebogen mit Fokus auf eine Kulturkomponente ............................................ 14 3.1.2 Fragebogen mit Fokus auf mehreren Kulturkomponenten.................................. 15 3.1.3 Induktive Ansätze................................................................................................ 17 3.2 Ansätze mit einer Kombination von Datenerhebungsmethoden................................ 18 4. Anforderungen an eine UK-Erfassungsmethode.............................................................. 19 5. Resumée ........................................................................................................................... 21 Ansatzpunkte zur Messung von Unternehmenskulturen. Grundlage für die Entwicklung eines Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ (Judith Beile) ............................................................................................................................ 26 1. Einleitung ......................................................................................................................... 26 2. Ansätze zur Erfassung der Unternehmenskultur .............................................................. 28

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2.1 Checkliste Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren............ 28 2.2 Great Place to Work® Kultur-Audit© ....................................................................... 29 2.3 Bertelsmann-Werkzeugkasten Unternehmenskultur.................................................. 31 2.4 Systematisierung der Verfahren ................................................................................. 33 3. Vergleich der Verfahren................................................................................................... 38 4. Schlussfolgerungen für ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“.......... 40 Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur: Konzept und Messung (Erko Martins) .... 44 1. Einleitung ......................................................................................................................... 44 2. Theoretischer Rahmen...................................................................................................... 45 2.1 Unternehmenskultur: Definition und das Drei-Ebenen-Modell................................. 45 2.2 Offenheit und Geschlossenheit von Organisationen und ihre Innovativität .............. 47 2.3 Mitarbeiterbeteiligung und beteiligungsorientierte Unternehmenskultur .................. 50 3. Messung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur im Projekt TiM................... 53 3.1 Erfassung der Artefakte.............................................................................................. 54 3.2 Erfassung der Werte und Wertvorstellungen ............................................................. 56 3.3 Erfassung der grundlegenden Annahmen .................................................................. 58 3.4 Interviewter Personenkreis ......................................................................................... 58 4. Erste Ergebnisse ............................................................................................................... 59 5. Weitere Forschungsaktivitäten ......................................................................................... 63 5.1 Aktivitäten zur Typologisierung ................................................................................ 63 5.2 Weitere Aktivitäten zur Messung der beteiligungsorientierten Unternehmens5.2 kultur .......................................................................................................................... 64 5.3 Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“................................................ 65 Anhang: Interviewleitfaden im Projekt TiM ........................................................................ 67

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Unternehmenskultur und ihre Messung: Thema eines Workshops
Friedemann W. Nerdinger Universität Rostock Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für ABWL: Wirtschafts- und Organisationspsychologie friedemann.nerdinger@uni-rostock.de

Im BMBF-geförderten Projekt TiM – Transfer innovativer UnternehmensMilieus – wird untersucht, wie sich Unternehmen angesichts vielfältiger Herausforderungen am Markt behaupten, an neue Gegebenheiten anpassen und Innovationen hervorbringen können. Die zentrale These des Projekts besagt, dass eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur hilfreich bei der Bewältigung dieser Aufgaben ist. Mit dem Begriff Unternehmenskultur werden tief verankerte Werte und Annahmen beschrieben, die häufig nicht bewusst sind. Das damit Gemeinte muss etwas genauer erläutert werden. Organisationen sind soziale Systeme, in denen Menschen längerfristig zusammenarbeiten. Dabei bilden sich im Laufe der Zeit Normen und Selbstverständlichkeiten heraus: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln gemeinsame Auffassungen darüber, welches Verhalten in bestimmten Situationen wünschenswert ist und welches nicht. Diese ungeschriebenen Gesetze regeln das Verhalten und sorgen für die Einbindung der Mitarbeiter in die Organisation. Jeder, der neu in die Organisation eintritt, wird mit diesen Normen und Werten konfrontiert und ist gezwungen, sich damit auseinander zu setzen. Die Wirkungen dieser Prozesse werden mit dem Begriff der Unternehmenskultur beschrieben. Das mit dem Begriff „Kultur” Gemeinte kann aus zwei Perspektiven analysiert werden, die sich folgendermaßen umschreiben lassen: Die Organisation hat eine Kultur bzw. die Organisation ist eine Kultur (Nerdinger, 2003). Geht man davon aus, dass eine Organisation eine Kultur hat, so wird man versuchen, ihre Besonderheit im Unterschied zu anderen Organisationen zu ermitteln. Das Ziel dieser Betrachtung ist instrumentell, d.h. man muss zuerst die

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Besonderheit der Organisation ermitteln, um sie dann so zu gestalten, dass die angestrebten Ziele optimal erreicht werden. Das setzt Methoden voraus, die es ermöglichen, die Kultur einer Organisation empirisch und möglichst standardisiert zu erfassen. Mittlerweile wurden sehr viele solcher Instrumente zur Erfassung der Kultur entwickelt. Die als Fragebögen angelegten Instrumente lassen sich in zwei Klassen einteilen (Ashkanasy, Broadfoot & Falkus, 2000): Typisierungen und Profilmaße. Typisierende Maße werden dazu benutzt, Unternehmenskulturen bestimmten Kulturtypen zuzuordnen, Profilmaße dagegen liefern detaillierte Beschreibungen von Unternehmenskulturen hinsichtlich verschiedener Dimensionen (auf grundlegende Probleme der Kulturmessung verweist Drumm, 1991). Ziel der Messung einer bestimmten Unternehmenskultur ist es, diese zu verändern (vgl. zum Folgenden Nerdinger, 2003). Die Möglichkeiten dazu sind allerdings begrenzt, und viele Wissenschaftler beurteilen ihre Wirksamkeit äußerst skeptisch. Das hängt mit der zweiten Perspektive zusammen, wonach eine Organisation eine Kultur ist. Organisation wird aus diesem Blickwinkel wie eine „Mini-Gesellschaft” betrachtet, die ihre eigene Geschichte hat, eine spezielle Sprache ausbildet, in der bestimmte Rituale und Zeremonien entstehen und die durch Artefakte wie Abzeichen oder die spezielle Architektur gekennzeichnet ist. Bei dieser Betrachtung nimmt der Wissenschaftler die Position eines Kulturanthropologen ein, der einen fremden Stamm beobachtet und dabei versucht herauszufinden, nach welchen Regeln die Stammesmitglieder leben. Mögliche Ansatzpunkte der Erforschung sind aus dieser Perspektive die Symptome der Unternehmenskultur. Hier lassen sich verbale (z.B. Geschichten, Mythen, Sprachregelungen etc.), interaktionale (Konferenzen, Tagungen, Organisationsentwicklung etc.) und physische Symptome unterscheiden (Logos, Statussymbole, Architektur etc.). Alle diese Symptome haben technische Konsequenzen, d.h. sie sind für die Ziele der Organisation funktional. So hat natürlich die Architektur eines Verwaltungsgebäudes funktionale Bedeutung. Sie wurde geschaffen, um einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern Büros, Konferenzräume, Erholungsmöglichkeiten usw. zu bieten. Ein Gebäude ist aber auch ein Symbol, d.h. es steht auch für etwas anderes. Gebäude haben – wie alle anderen Symptome der Unternehmenskultur – eine eigene Bedeutung, die es zu entschlüsseln gilt. Dass jeder Neubau eines Bankengebäudes in Frankfurt am Main versucht hat, die Gebäude der Konkurrenten in der Höhe zu überflügeln, zeigt, dass die Architektur auch noch eine andere Bedeutung hat – sie symbolisiert in diesem Fall die Macht und die Bedeutung der Organisation. Dass die Büros des Top-Managements immer in den obersten Stockwerken liegen, symbolisiert auch, wer

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„oben” ist, d.h. in der Organisation das Sagen hat usw. Diese Merkmale lassen sich wiederum nutzen, um die Organisationskultur zu diagnostizieren, wobei gewöhnlich eher ethnographische Methoden eingesetzt werden. Will man nun die eingangs erwähnte Hypothese, wonach die Unternehmenskultur die Bewältigung anstehender Herausforderungen am Markt unterstützen kann, empirisch überprüfen, so ist natürlich die Messung von Unternehmenskultur entscheidend. Aufgrund der unübersichtlichen Lage in diesem Feld haben wir uns entschlossen, zu dieser, für das Projekt TiM zentralen Problematik zusammen mit ausgewiesenen Wissenschaftlern und Praktikern einen Workshop durchzuführen. Der Workshop fand am 20. Januar 2006 in der Repräsentanz der Bertelsmann AG in Berlin statt, ausgewählte Beiträge sind im vorliegenden Arbeitspapier zusammengestellt. Zunächst gibt Frau Professor Sonja Sackmann von der Universität der Bundeswehr in München einen Überblick über die wichtigsten wissenschaftlichen Methoden zur Messung der Unternehmenskultur. Anschließend analysiert Frau Dr. Judith Beile von der wmp-consult ausgewählte praxisorientierte Messansätze. Sie prüft in ihrem Beitrag, welche Ansätze sich für die Erfassung eines für das Projekt TiM zentralen Aspekts der Unternehmenskultur eignen, der Beteiligungsorientierung (vgl. Martins, Pundt & Nerdinger, 2005). Schließlich erläutert Herr Dipl. Kfm. Erko Martins von der Universität Rostock den im Projekt TiM entwickelten Ansatz zur Messung eben dieser beteiligungsorientierten Unternehmenskultur.

Literatur
Ashkanasy, N. M., Broadfoot, L. & Falkus, S. (2000).Questionnaire measures of organizational culture. In N. M. Ashkanasy, C. P. M. Wilderom & M. F. Peterson (Hrsg.), Handbook of Organizational Culture and Climate. (S. 131-146). Thousand Oaks, CA: Sage. Drumm, H. J. (1991). Probleme der Erfassung und Messung der Unternehmenskultur. In E. Dülfer (Hrsg.), Organisationskultur: Phänomen - Philosophie – Technologie. (S. 163-171). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Martins, E., Pundt, A. & Nerdinger, F. W. (2005). Mitarbeiterbeteiligung und Unternehmenskultur. Zum Konzept der Beteiligungsorientierung in Organisationen. Rostock: Arbeitspapier Nr. 1 aus dem Projekt TiM. Nerdinger, F. W. (2003). Grundlagen des Verhaltens in Organisationen. Stuttgart: Kohlhammer.

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Methoden zur Erfassung von Unternehmenskultur
Sonja A. Sackmann Universität Bw München Institut für Personal- und Organisationsforschung Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften sonja.sackmann@unibw.de

1. Einführung
Unternehmenskultur hat in jüngster Zeit speziell von Seiten der Praxis wieder große Beachtung gefunden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Ein wesentlicher dürfte wohl die Hoffnung auf Nutzung eines zusätzlichen Leistungspotentials sein, da inzwischen eine Reihe empirischer Forschungsergebnisse darauf hinweisen, dass Unternehmenskultur bei entsprechender Ausgestaltung zum nachhaltigen Wettbewerbsfaktor werden kann (siehe Sackmann, 2002/2004, 2006). Dies setzt aber voraus, dass zunächst die bestehende Unternehmenskultur mit ihren verschiedenen Facetten bekannt ist. Hierfür gibt es eine Reihe von Verfahren und Vorgehensweisen, die alle gewisse Vor- und Nachteile mit sich bringen und die je nach Intention und Zielsetzung für die Erfassung von Unternehmenskultur geeigneter oder weniger geeignet sind. In diesem Aufsatz werden wir zunächst die Herausforderungen aufführen, die sich bei der Erfassung von Unternehmenskultur stellen, bevor wir die verschiedenen Ansätze zur Erfassung von Unternehmenskultur im Überblick vorstellen. Anschließend diskutieren wir die Anforderungen an eine Erfassungsmethode, die den Charakteristika von Unternehmenskultur gerecht werden, bevor wir mit einem Resumée schließen. Aufgrund der Platzbegrenzung bleiben die Ausführungen entsprechend kurz. Der interessierte Leser ist daher auf die angegebene weiterführende Literatur verwiesen.

2. Herausforderungen bei der Erfassung von Unternehmenskultur
Die Herausforderungen bei der Erfassung von Unternehmenskultur ergeben sich aus dem Konzept der Unternehmenskultur, ihrer spezifischen Beschaffenheit wie auch aus dem bisher vorhandenen Theorie- und Wissensstand bezüglich Kultur im Unternehmenskontext. Generell

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lassen sich vier konkrete Herausforderungen identifizieren, die alle auf der hohen Diversität des Kulturkonzepts begründet sind. Diese sind: die Existenz verschiedener Kulturperspektiven, die Beschaffenheit von Unternehmenskultur, die Anzahl und Unterschiedlichkeit bestehender Kulturkomponenten sowie die Anzahl als relevant betrachteter Kulturdimensionen.

2.1 Verschiedene Kulturperspektiven
In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich in Abhängigkeit vom wissenschaftstheoretischen Zugang eine Reihe unterschiedlicher Kulturperspektiven identifizieren (siehe z.B. Smircich, 1983), die in Abhängigkeit vom Interesse auf die drei folgenden Perspektiven reduziert werden können (Sackmann, 1989): Kultur als Variable, Kultur als Metapher, Unternehmenskultur als dynamisches Konstrukt. Die Perspektive Kultur als Variable betrachtet Unternehmenskultur als etwas Gegenständliches, das Organisationen in Ergänzung zu anderen Variablen wie Strukturen, Prozesse, Instrumente etc. haben und daher problemlos erfasst und gesteuert werden können. Diese Perspektive basiert auf einem mechanistischen Verständnis von Organisationen und ist in der funktionalistisch geprägten Betriebswirtschaftslehre und Managementliteratur anzutreffen. In der ersten Welle der Euphorie um das Konzept der Unternehmenskultur basierten viele der Veränderungsbemühungen auf dieser Perspektive. Leider führten sie nicht zu dem erhofften Erfolg, da Organisationen eben keine trivialen, sondern nicht-triviale Maschinen sind (von Förster, 1998), d.h. es können keine kausalen, sondern nur Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden. Bei der Perspektive Kultur als Metapher werden Organisationen als Kultur schaffende und Kultur entwickelnde Systeme bzw. Gesellschaften betrachtet. Organisationen sind Kulturen. Mithilfe dieses Zugangs wurden bzw. werden neue Einsichten in das Alltagsgeschehen von Organisationen erhofft, wobei die Steuerung, Entwicklung bzw. Gestaltung von Unternehmenskultur nicht von Bedeutung ist. Vertreter dieser Perspektive lassen sich vorwiegend in der verstehenden Anthropologie und verstehenden Soziologie finden.

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Die Perspektive Kultur als dynamisches Konstrukt versucht Kultur sowohl in der Strukturwie auch in der Entwicklungsperspektive zu beleuchten. Organisationen sind kulturschaffende und entwickelnde Systeme, die über die Zeit damit auch Kulturelemente hervorbringen, die wiederum die Interaktionen und Interpretationen der Kulturmitglieder beeinflussen können. Damit werden in dieser dynamischen Konstruktperspektive der Metaphernansatz wie auch ein Aspekt des Variablenansatzes integriert.

2.2 Die Beschaffenheit von Kultur
In der bisherigen Literatur zur Unternehmenskultur lassen sich drei verschiedene Charakteristika von Kultur im Unternehmen ausmachen. Diese sind: integriert, homogen, stark, differenziert (Subkulturen), komplex (integriert, differenziert und fragmentiert). Die frühen Publikationen zum Thema Unternehmenskultur in der Managementliteratur beschreiben eine integrierte, starke und homogene Kultur (z.B. Deal & Kennedy, 1982; Peters & Waterman 1982; Schein 1985). Diese Auffassung lässt sich z.T. auch heute noch speziell bei Praktikern und der praxisorientierten Literatur finden. Eine Erfassung auf dieser Basis konzentriert sich daher auf die Aufdeckung dieses homogenen Ganzen. Soziologen fokussierten eher auf Subkulturen (z.B. Trice & Beyer, 1993) wie z.B. eine spezifische Berufsgruppe (z.B. Van Maanen & Barley, 1984). Neuere Forschung mit einem differenzierten Zugang zur Unternehmenskultur legt nahe, dass diese gleichzeitig sowohl aus einem integrierten Aspekt wie auch aus Subkulturen bestehen kann (z.B. Sackmann, 1992). Die adäquate resultierende Charakterisierung ist daher Kultur als komplexes Phänomen (z.B. Martin, 2002; Sackmann, 2002/2004).

2.3 Anzahl und Unterschiedlichkeit der Kulturkomponenten
Verschiedene Definitionen von Unternehmenskultur zeigen auf, dass diese aus einer Reihe von Komponenten besteht, die z.T. unterschiedlich beschaffen sind und einen unterschied-

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur lichen Einblick in die Kultur eines Unternehmens erlauben. Diese sind: Artefakte, Praktiken, Normen, Werte, grundlegende Überzeugungen / sense making, Annahmen.

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In einem Ebenenmodell (z.B. Sackmann, 2006; Schein, 1985) wird aufgezeigt, dass diese Komponenten entsprechend der oben aufgeführten Reihenfolge unterschiedlich tief in die Unternehmenskultur eindringen: Artefakte und auch Praktiken liegen an der Oberfläche einer Unternehmenskultur. Sie sind gut sichtbar und daher auch direkt beobachtbar während grundlegende Überzeugungen und Annahmen nicht sichtbar und daher auch nicht direkt zugänglich sind. Während viele Erfassungsmethoden vorwiegend eine dieser Komponenten fokussieren, wie Normen oder Werte, versuchen andere, verschiedene dieser Komponenten zu erfassen, um der Komplexität von Unternehmenskultur in Bezug auf ihre Komponenten gerecht zu werden. Um die spezifische Bedeutung von bestehenden Artefakten und Praktiken zu erfassen, braucht es ein Verständnis der zugrundeliegenden Überzeugungen bzw. sense making (= Bedeutungszuschreibungs-) Mechanismen. Generell besteht eine Unternehmenskultur aus all diesen Komponenten.

2.4 Anzahl als relevant betrachteter Kulturdimensionen
Inzwischen findet sich in der Literatur eine Reihe von Dimensionen, die als relevant und daher zur Erfassung herangezogen werden. Die nachfolgende Abbildung führt eine Reihe solcher Dimensionen auf, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Einige der Autoren benutzen in der Regel zwei Dimensionen, um dann vier verschiedene Unternehmenskulturtypen zu charakterisieren.

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Handy (1978)

4 Typen

Machtkultur Rollenkultur Aufgabenkultur Personenkultur Entscheidungsrisiko Feedback aus der Umwelt 1. technisch, aufgabenorientiert; mitarbeiterorientiert, menschlich 2. Zeit: kurz-, langfristig 4 Typen harter Kerl/Macho das Unternehmen als Einsatz Prozess Work hard – play hard Aufgabenunterstützung Aufgabeninnovation persönliche Freiheit soziale Beziehung

Deal & Kennedy (1982)

2 Dimensionen

Kilmann & Saxton (1983)

2 Dimensionen

4 CultureGaps

Wallach (1983)

3 Dimensionen

bürokratisch innovativ unterstützend
Kundenorientierung Mitarbeiterorientierung Resultats- und Leistungsorientierung Innovationsorientierung Kostenorientierung Kommunikationsorientierung Unternehmungsorientierung Technologieorientierung Aktionsorientierung Nähe zum Kunden Autonomie und Unternehmergeist Produktivität durch Mitarbeiter Beschränkung auf vorhandene Kompetenzen Einfache Struktur - geringe Administration Große Freiräume bei sozialer Kontrolle Soziale Verantwortung Natur des Menschen Natur zwischenmenschlicher Beziehungen Natur der Aktivisten Natur der Umweltbeziehungen Raum und Zeit prozess- vs. resultatsorientiert Mitarbeiter- vs. Arbeitsorientierung lokale vs. professionelle Orientierung offenes vs. geschlossenes System lockere vs. enge Kontrolle normativ vs. pragmatisch Aufgabenerfüllung Handlungswissen lexikalisches Wissen Rezeptwissen axiomatisches Wissen

Pümpin (1984) Kobi/Wüthrich (1986)

8 Orientierungen

Peters & Waterman (1982)

8 Werte

Schein (1985) auf der Basis von Kroeber und Kluckhohn

5 grundlegende Annahmen (Orientierung über ...)

Hofstede u.a. (1990)

6 Praktiken

zwischenmenschliche Beziehungen Adaptation & Veränderung organisationales Lernen

Sackmann (1985/1991)

4 Arten von kulturellem Wissen

Organisationszweck Organisationsstrategie Organisationsdesign Organisationsmitglieder Organisationsprozesse

Handlungswissen

Abb. 1: Dimensionen und Kulturtypen (basierend auf Sackmann, 2002/2004; S.45) Die obigen Ausführungen zeigen die Vielfalt des Konstrukts Unternehmenskultur, die sich auch in den bestehenden Erfassungsmethoden widerspiegelt und hohe Ansprüche an eine Erfassung stellt.

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3. Existierende Erfassungsmethoden im Überblick
Die bestehenden Erfassungsmethoden zur Unternehmenskultur lassen sich anhand von drei Dimensionen gruppieren: erfasste Komponenten und damit auch die fokussierte Ebene bei der Erfassung von Unternehmenskultur, Ursprung der Dimensionen (extern vom Forscher vs. intern aus dem Unternehmenskontext) sowie Interesse und Ziel der Erfassung. Während manche Erfassungsmethoden auf nur eine Komponente fokussieren (z.B. Denison, 1990), versuchen andere, mehrere Komponenten auf verschiedenen Ebenen zu erfassen (z.B. Schein, 1985). Letztere kombinieren in der Regel eine Reihe von Datenerhebungsmethoden wie z.B. Beobachtung, Interviews und Dokumentenanalyse. Bei einigen Instrumenten werden die für eine Erfassung von Unternehmenskultur als relevant betrachteten Dimensionen vom Forscher bzw. Experten in ein Unternehmen von außen eingeführt, was z.B. bei bestehenden Fragebogen der Fall ist und auch als deduktives Vorgehen bezeichnet wird. Bei anderen Erfassungsmethoden wie z.B. der Ethnographie werden erst im Prozess der Erfassung die für ein spezifisches Unternehmen charakteristischen Dimensionen aufgedeckt. Ziel solch eines induktiven Vorgehens ist es primär, das Unternehmen und seine Kultur mit ihrer spezifischen Historie und Dynamik besser zu verstehen. Die nachfolgenden beiden Abbildungen enthalten einen Überblick über 25 bestehende Erhebungsinstrumente, die anhand der drei Dimensionen Komponenten/Ebene der Erfassung, Ursprung der Dimensionen sowie Ziel der Erfassung gruppiert sind. Geht von einer Erfassungsmethode ein Pfeil aus, so bedeutet dies, dass die Erfassungsmethode diesen Bereich abdecken kann.

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Kulturebenen sichtbar / zugänglich NA

Artefakte Praktiken Normen Werte Überzeugungen Annahmen nicht direkt zugänglich

E t h n o g r a p h i e CA Schein AA B&J OCP OCQ VC OI CT Hofstede OCPa VdP U&S OCI O A S I ON S

BF CO DOCS OVQ

WMS

RP CM-PM

Insider Wahrnehmungen der Organisationsmitglieder Beobachtungen des Datenerhebers

Outsider

Ursprung der Dimensionen

Ansätze mit singulärer Datenerhebungsmethode Ansätze mit multipler Datenerhebungsmethode

Abb. 2: Überblick über verschiedene Ansätze zur Erfassung von Unternehmenskultur (1)

Kulturebenen sichtbar / zugänglich NA

Artefakte Praktiken Normen Werte Überzeugungen Annahmen nicht direkt zugänglich

E t h n o g r a p h i e CA AA Schein BF B&J CT OCQ OCP VC OI RP CM-PM DOCS WMS OCQ VdP ON Hofstede OCPa U&S CO O A S I S

OCI

Verständnis Wahrnehmungen der Organisationsmitglieder Beobachtungen des Datenerhebers

Intervention

Zielsetzung der Erfassung

Ansätze mit singulärer Datenerhebungsmethode Ansätze mit multipler Datenerhebungsmethode

Abb. 3: Überblick über verschiedene Ansätze zur Erfassung von Unternehmenskultur (2)

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AA B&J BF CA CM-PM CO CT DOCS Ethnography Hofstede OASIS OCI OCP OCPa OCQ OI ON ONA OVQ RG Schein U&S VdP WK WMSZfW

Annahmen-Analyse (Kilmann, 1983) Bourgeois & Jemison (1982) Ansatz der Bertelsmann Stiftung zur Erfassung von Kultur (2003) Culture Assessment (Sackmann, 2002/2004) Concept-Mapping – Pattern-Matching (Burchell & Kolb, 2003) Culture Orientations (Pümpin & ATAG, 1984) Culture Types (Cameron, 1984; Cameron & Freeman, 1991) Denison Organizational Culture Survey basierend auf Beobachtungen der Beteiligten (z.B. Van Maanen, 1988, 1991) Hofstede et al. 1990 OASIS Culture Questionnaire (University of Michigan/PIMS/MMZSG) (Malik MZSG, 2005) Organizational Culture Inventory (Human Synergistics, 1989/2002) Organizational Culture Profile (O‘Reilly et al., 1991) Organizational Culture Profile (Ashkanasy et al., 2000) Organizational Culture Questionnaire (Sackmann, 2002/2004) Organizational Ideologies (Harrison, 1975) Organizational Norms Opinionnaire (Alexander, 1978) Organizational Narrative Approaches (Erzählungen, Diskursanalyse, Humoranalyse, mündliche Geschichte) Organizational Values Questionnaire (Woodcock & Francis, 1989) Repertory Grid-Technik (wie vom Malik Management Zentrum St. Gallen verwendet) Scheins (1985) Ansatz der Kulturanalyse Unterreitmeier & Schwinghammer (2004) Organizational Culture Survey (entwickelt von Van der Post et al. 1998) Wertekultur (Deep White: Herrmann et al., 2004) WerteManagementSystemZfW (Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW) gGmbH) (2004)

Abb. 4: Auflistung der Erfassungsansätze von Unternehmenskultur Diese 25 Erfassungsmethoden lassen sich grob gruppieren in Ansätze mit einer Datenerhebungsmethode und Ansätze mit einer Kombination von Datenerhebungsmethoden.

3.1 Ansätze mit einer Datenerhebungsmethode
Zu den Ansätzen mit einer Datenerhebungsmethode zählen Fragebogen mit Fokus auf 1 Kulturkomponente Fragebogen mit Fokus auf mehreren Komponenten sowie induktive Ansätze. Nachfolgend werden existierende Erfassungsmethoden für jede Kategorie nur kurz aufgeführt. Für eine ausführliche Beschreibung jeder Erfassungsmethode verweisen wir auf Sackmann (2006).

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur 3.1.1 Fragebogen mit Fokus auf eine Kulturkomponente

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Es gibt eine Reihe von Fragebogen, die eine Kulturkomponente von Unternehmenskultur erfassen. Praktiken werden in den beiden Fragebogen von Hofstede et al. (1990) sowie dem Organizational Culture Profile (OCPa) erhoben, wobei beide Fragebogen auf Wahrnehmungen von Praktiken abzielen. Hofstede et al. (1990) erfassen sechs Organisationspraktiken, die auf Symbole, Helden und Rituale abzielen und den Kern einer Unternehmenskultur erfassen sollen. Diese sind Prozess- vs. Resultatsorientierung, Mitarbeiter- vs. Arbeitsorientierung, lokal vs. professionell, offenes vs. geschlossenes System, lose vs. enge Kontrolle und normativ vs. pragmatisch. Der Denison Organizational Cultural Survey (DOCS) erhebt zwar wahrgenommene Praktiken, da diese jedoch zu einer Art Werte aggregiert werden, wird der DOCS bei der Erfassung von Werten aufgeführt. Normen werden im Organizational Culture Inventory (OCI) sowie dem Organizational Norms Opinionnaire (ON) erfasst. Der OCI wurde von Cooke und Lafferty (1987) entwickelt, um unternehmenskulturelle Normen und drei Kulturstile zu bestimmen. Dieses ist ein konstruktiver, passiv-defensiver und aggressiv-defensiver Stil. Für die Erfassung unternehmenskultureller Werte gibt es eine Reihe von Fragebogen wie das Organizational Culture Profile (OCP), der Culture Types (CT)-Fragebogen von Cameron und Freeman (1991), den Organizational Values Questionnaire (OVQ) und den Denison Organizational Culture Survey (DOCS). Während die ursprüngliche Version des OCP auf einer Q-Sort-Technik basierte, bei der zunächst 54 Werte priorisiert und dann zu sieben Dimensionen zusammengefasst wurden, werden bei der neueren Version zehn Dimensionen erfasst und wie bei den anderen drei Fragebogeninstrumenten Aussagen vorgegeben, aus denen dann die unternehmenskulturellen Prioritäten bzw. Werte erschlossen werden. So erfasst das OCP die zehn Dimensionen Führung, Struktur, Innovation, Arbeitsleistung, Planung, Kommunikation, Umwelt, humanistischer Arbeitsplatz, Entwicklung des Einzelnen sowie Sozialisation bei Unternehmenseintritt. Der Fragebogen von Cameron und Freeman (1991) resultiert in vier verschiedenen Kulturtypen, die Clan-, Adhocracy-, Hierarchie- und Marktkultur genannt werden. Der DOCS erhebt zwar

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12 Managementpraktiken, diese werden jedoch zu vier Kulturtraits zusammengefasst: Mission, Anpassungsfähigkeit, Einbezogenheit und Konsistenz. Es ist eines der verbreitetsten Fragebogen, der auch inzwischen Benchmarkvergleiche mit anderen Firmen erlaubt. Überzeugungen können mit dem Organizational Ideologies (OI)-Fragebogen von Harrison (1975) erfasst und zu vier Kulturtypen zusammengefasst werden. Diese sind Machtorientierung, Rollenorientierung, Aufgabenorientierung und Selbstorientierung. Generell besteht der Vorteil von bestehenden Fragebogen darin, dass sie großflächig eingesetzt und die erfassten Daten statistisch ausgewertet werden können. Bei schon häufiger eingesetzten Fragebogen wie dem OCI und DOCS können zusätzlich Benchmarkvergleiche mit anderen Firmen durchgeführt werden. Allerdings beruhen alle Informationen auf Wahrnehmungen, und die resultierenden Daten lassen nur Aussagen zu den im Fragebogen fokussierten Kulturkomponenten bzw. -dimensionen zu. Andere Informationen, die für die spezifische Kultur eines Unternehmens besonders charakteristisch sind, können mit solch einem bestehenden Fragebogen nicht erfasst werden. Dies bedeutet, dass die aus Fragebogenerhebungen gewonnenen Ergebnisse eine erste Orientierung darstellen, jedoch keine weiterführenden Erklärungen für spezifische Ausprägungen liefern können. Außerdem lassen sie keine Aussagen über mögliche Inkonsistenzen zwischen einzelnen Kulturkomponenten zu wie z.B. den schriftlich geäußerten, proklamierten Werten und dem gelebten Verhalten. Hierfür müssen mehrere Komponenten erfasst werden, und zwar nicht nur durch Fragebogen, sondern auf der Basis verschiedener Datenquellen bzw. Datenformen.

3.1.2 Fragebogen mit Fokus auf mehreren Kulturkomponenten Eine Reihe von Fragebogen erfassen verschiedene Kulturkomponenten – allerdings auch auf der Basis von subjektiven Wahrnehmungen. Hierzu gehören der OASIS Culture Questionnaire (University of Michigan/PIMS/MMZSG), Organizational Culture Questionnaire (OCQ) (Sackmann, 2002/2004), Organizational Culture Survey (VdP) (Van der Post et al., 1998) und der Fragebogen von Unterreitmeier & Schwinghammer (U&S) (2004). Der OASIS-Fragebogen erfragt die kollektive Wahrnehmung des Managements über die gegenwärtige und gewünschte Kultur einer bestimmten Business Unit oder Firma, verbindet diese mit Leistungskennzahlen und stellt Benchmarkvergleiche zu den Business Units anderer

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Firmen her. Die erfassten Dimensionen sind Partizipation, Dynamik (i.S. von Innovation und Anpassungsfähigkeit), Kohärenz, interpersonale Beziehungen sowie Risiko/Belohnung. Zwei weitere Fragebogen erfassen Daten zur Strategie und Organisation, die dann mit den Ergebnissen des Kulturfragebogens in Korrelation gesetzt werden. Der Organizational Culture Questionnaire (OCQ) (Sackmann, 2002/2004) wurde auf der Basis der Ergebnisse einer detaillierten Studie zum kulturellen Kontext einer Firma entwickelt (Sackmann, 1991). In dieser Studie wurden die vier Rahmenparameter übergeordnetes Organisationsziel, Strategie, Organisationsdesign und Organisationsmitglieder (Mitarbeiter/Führungskräfte) sowie die vier Prozesse oder Praktiken Arbeitserledigung, Anpassung/Veränderung, interpersonale Beziehungen und Lernmechanismen als die für das Verständnis der Unternehmenskultur relevanten Bereiche identifiziert. Zu diesen acht Parametern werden daher in dem Fragebogen Informationen im Sinne kollektiver grundlegender Überzeugungen und wahrgenommener Praktiken erhoben, und zwar zur gegenwärtigen und zur gewünschten Kultur. Daraus werden jene Bereiche ersichtlich, die einer Veränderung bedürfen. Der Fragebogen wird daher vorwiegend für Interventionszwecke eingesetzt. Der Fragebogen von Van der Post und Mitautoren (1997) wurde auf der Basis multipler Methoden entwickelt. 114 Kulturdimensionen wurden dabei auf 15 als relevant betrachtete reduziert: Konflikt, Kulturmanagement, Kundenorientierung, Veränderungsbereitschaft, Mitarbeiterpartizipation, Zielklarheit, Mitarbeiterorientierung, Identifikation mit der Organisation, Managementstil, Organisation, Organisationsintegration, Leistungs- und Belohnungsorientierung sowie Arbeitsstruktur. Unterreitmeier und Schwinghammer (2004) entwickelten auf der Basis bestehender Kulturkonzepte und Fragebogen ähnlich wie Van der Post et al. (1998) ein Instrument, das die relevantesten Kulturdimensionen erfassen soll. Die zehn resultierenden Dimensionen beziehen sich auf Werte, Normen und Artefakte und sind Entscheidungsfindung und Führungsstil, Resultats- und Karriereorientierung, Mitarbeiterorientierung, faire Entlohnung, Problemlösungsverhalten, Organisationsklima, Wettbewerbs- und Kundenorientierung, Organisationsumwelt und Artefakte.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur 3.1.3 Induktive Ansätze

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Im Gegensatz zu den oben aufgeführten Fragebogeninstrumenten versuchen induktive Ansätze die in einem spezifischen Unternehmen relevanten unternehmenskulturellen Aspekte aufzudecken, da diese als typisch für das Unternehmen betrachtet werden. D.h. es werden vom externen Experten keine schon bestehenden Dimensionen eingeführt, sondern diese werden auf Basis der spezifischen Datensammlung im Unternehmen aufgedeckt. Bei den hier aufgeführten Methoden liegt der Fokus immer auf der Aufdeckung zugrunde liegender Überzeugungen bzw. den kollektiven Interpretationsmechanismen in einer Organisation. Es gibt eine Reihe induktiver Ansätze mit unterschiedlicher Datenerhebung und unterschiedlichem Vorgehen. Hierzu gehören: Narrative Ansätze (NA), Annahmen-Analyse (AA), Bourgeois & Jemison (B&J), Repertory Grid Technique (RG), Concept Mapping – Pattern Matching (CM-PM). Narrative Ansätze versuchen, die Interpretationsmechanismen der Mitglieder einer spezifischen Organisation aufzudecken. Je nach spezifischer Methode und Interesse werden Geschichten (Boje, 1991; Martin et al., 1983; Wilkins, 1984), Humor (Vinton, 1983) oder genereller Diskurs bzw. Organisationsgeschichte (Hansen, 2004) erfasst, analysiert und interpretiert. Die Annahmenanalyse wurde von Kilmann (1983) entwickelt, um die grundlegenden Annahmen in Bezug auf Forschung zu erfassen. Generell ist sie jedoch anwendbar, wenn man jene grundlegenden Annahmen erfassen und verstehen will, die das Denken und Handeln in einem Unternehmen beeinflussen. Bourgeois und Jemison (1982) hatten zum Ziel, Unternehmenskultur mit Strategie zu verknüpfen. In einer Reihe von aufeinander aufbauenden Workshops erarbeiten sie, inwieweit die bestehende Kultur strategische Alternativen bei deren Umsetzung unterstützt oder behindert. Im letzten Schritt werden mit dem Ziel der geeigneten Strategie beide aufeinander angepasst.

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Auch die Repertory Grid Technik (RG) versucht, aus Sicht der Organisationsmitglieder jene Aspekte der Unternehmenskultur aufzudecken, die als besonders charakteristisch betrachtet werden. Die Methode kann sehr flexibel auf unterschiedliche Fragestellungen angepasst werden und z.B. auch Bereiche mit größten Diskrepanzen oder das Veränderungspotenztial erheben (Krafft, 2005). Das Concept Mapping basiert auf der Repertory Grid Technik und wurde von Burchell und Kolb (2003) mit Pattern Matching (CM-PM) kombiniert. Hierbei wird zunächst die bestehende Unternehmenskultur analysiert, dann werden relevante Kulturmuster identifiziert und schließlich können auch noch potenzielle Unterschiede zwischen Subkulturen aufgedeckt werden.

3.2 Ansätze mit einer Kombination von Datenerhebungsmethoden
Eine Reihe von Datenerhebungsinstrumenten versucht, mehrere Kulturkomponenten mithilfe unterschiedlicher Datenerhebungsmethoden zu erfassen, um der Komplexität von Unternehmenskultur besser gerecht zu werden. Ansätze mit einer Kombination von Datenerhebungsmethoden sind u.a.: das Vorgehen der Bertelsmann Stiftung (BF), Culture Orientations (CO), Culture Assessment (CA), Kulturanalyse von Schein, Ethnography. Das konkrete Vorgehen der Bertelsmann Stiftung (BF) zur Kulturanalyse wurde in Zusammenarbeit mit Booz Allen Hamilton (Bertelsmann Stiftung, 2003) entwickelt mit dem Ziel, die Spezifika eines Unternehmens im Hinblick auf zehn kritische Erfolgsfaktoren zur erfassen. Diese sind gemeinsame Zielorientierung, soziale Verantwortung, gemeinsame Haltung und Werte, unabhängige und transparente Unternehmensaufsicht, partizipative Führung, Unternehmerisches Handeln, Führungskontinuität, Anpassungsfähigkeit, Kundenorientierung sowie Shareholder Value. Zur Datenerfassung werden vorwiegend Dokumente und Vor-OrtGespräche analysiert. Das Vorgehen bei der Kulturanalyse von Pümpin (1984) und Kobi und Wüthrich (1986) fokussiert auf die Erfassung der konkreten Ausprägung im Hinblick auf sieben Kulturorientie-

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rungen. Diese sind Kunden- Mitarbeiter-, Ergebnis-, Innovations-, Kosten-, Kommunikations-, Unternehmens- und Technologieorientierung. Kombiniert werden Daten von Dokumentenanalysen, Vor-Ort-Beobachtungen sowie einem Fragebogen. Das Kulturassessment (CA) von Sackmann (2002/2004) verknüpft verschiedene Datenerhebungsmethoden, wie Einzelgespräche mit zentralen Entscheidungsträgern, Vor-Ort-Beobachtungen, Dokumentenanalyse sowie Workshops, um in Hinblick auf ein konkretes Problem der Organisation entsprechend relevante Daten zu erheben. Zur bestehenden Unternehmenskultur wird auch im Hinblick auf die strategischen Herausforderungen die für das Unternehmen künftig notwendige Kultur erhoben. Ein Vergleich der beiden Ist- und Soll-Kulturen resultiert in Hinweisen für notwendige und sinnvolle Veränderungen. Das Ziel von Scheins (1985) Kulturanalyse ist die Aufdeckung der zugrunde liegenden kollektiven Annahmen, die er auf der Basis anthropologischer Arbeit (Kroeber & Kluckhohn, 1952) als relevant betrachtet. Zur Aufdeckung der spezifischen Ausprägung dieser sechs Annahmen benutzt er einen Methodenmix, wobei klinische Interviews die zentrale Datenerhebungsmethode darstellen. Ziel einer Ethnographie ist das detaillierte Verständnis einer spezifischen Unternehmenskultur bzw. bestimmter Subkulturen. Sie basiert auf einer Langzeitstudie, wobei der Forscher einen längeren Zeitraum im Unternehmen verbringt, die tägliche Arbeitspraxis beobachtet sowie eine Reihe meist informeller Gespräche führt. Das Ergebnis ist eine detaillierte Beschreibung der Unternehmenskultur oder des ausgewählten Ausschnitts organisationalen Lebens mit Spezifika, Inkonsistenzen und durchaus auch Widersprüchen.

4. Anforderungen an eine UK-Erfassungsmethode
Die obige Auflistung der einzelnen Erfassungsmethoden zeigt auf, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Unternehmenskultur zu erfassen. Die Frage stellt sich nun, welche die geeignetste Methode und das geeignetste Vorgehen ist. Diese sollten sich zum einen an den konkreten Charakteristika von Unternehmenskultur orientieren wie auch an der Zielsetzung für eine Erfassung. Die in Abschnitt 2 aufgeführten Charakteristika von Unternehmenskultur und deren Herausforderungen für eine Erfassung geben einen Korridor für eine dem Konzept adäquate Vorgehensweise und Erfassungsmethode vor.

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Generell sollten eine Erfassungsmethode und ein Erfassungsvorgehen der Komplexität, Dynamik und Pluralität des Konzepts Unternehmenskultur gerecht werden. Um der Komplexität von Unternehmenskultur Rechnung zu tragen, empfiehlt sich ein sog. Multi-Methoden- sowie Triangulationsansatz. Hierbei werden verschiedene Datenerhebungsinstrumente eingesetzt, die Informationen zu mehreren Kulturkomponenten aus unterschiedlichen Quellen erfassen. D.h. es werden Daten aus z.B. Interviews, Beobachtungen, Dokumentenanalysen und Workshops analysiert und miteinander in Beziehung gesetzt. Um die Dynamik der Kultur in einem Unternehmen aufzudecken, sollte eine Erfassungsmethode Längsschnittdaten bzw. die Entwicklung der Kultur in dem spezifischen Unternehmen über die Zeit, d.h. ihre Historie, berücksichtigen. Um Aussagen über die Pluralität einer Unternehmenskultur, d.h. der Existenz möglicher Subkulturen, machen zu können, müssen Daten firmenweit und zwar horizontal über verschiedene Abteilungen, Funktionen, Sparten, etc. wie auch vertikal über verschiedene Hierarchieebenen hinweg gesammelt werden. Abbildung 1 (UK-Komponenten) zeigt eindrücklich, dass es eine große Anzahl von Kulturdimensionen gibt. Welches Set von Dimensionen bei einem deduktiven Vorgehen (z.B. Einsatz eines existierenden Fragebogens) am besten geeignet ist, hängt von der konkreten Fragestellung einer Erfassung ab. Bei einem induktiven Vorgehen ergeben sich die für ein Unternehmen relevanten Kulturdimensionen erst aus dem Ergebnis der Datenerhebung. Hierbei können bzw. sollten auch Charakteristika der Branche Berücksichtigung finden. Besteht Interesse an dem Zusammenhang zwischen einer spezifischen Unternehmenskultur und Leistungs- bzw. Erfolgsfaktoren, so sollte auch hier die Mehrdimensionalität von Leistung bzw. Erfolg berücksichtigt werden. Die zentralen operativen und strategischen Kennzahlen einer Firma sowie der Branchen können hier als sinnvolle Orientierungsgrößen herangezogen werden. Da Unternehmenskultur ein sehr facettenreiches Phänomen ist, kann eine konkrete Frageoder Problemstellung die Erfassung der Unternehmenskultur wie auch die Auswahl geeigneter Dimensionen und Leistungs- bzw. Erfolgsfaktoren sinnvoll eingrenzen. In der Regel interessiert selten die Erfassung der Unternehmenskultur per se, sondern sie wird aufgrund einer konkreten Zielsetzung initiiert.

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5. Resumée
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, Unternehmenskultur zu erfassen. Die Auswahl der geeignetsten Erfassungsmethode und des besten Vorgehens sollte sich an der konkreten Zielsetzung für ein Kulturassessment orientieren. Generell lassen sich drei Kategorien von Gründen für ein Kulturassessment ausmachen: 1. es werden überzeugende Argumente gesucht, warum z.B. in Kulturentwicklungsmaßnahmen investiert werden sollte, 2. man will die bestehende Unternehmenskultur kennen, um ggf. 3. die bestehende Unternehmenskultur zu entwickeln oder zu verändern. Mit dem Ziel der Überzeugung, um z.B. für ein Budget für Entwicklungsmaßnahmen zu argumentieren, eignet sich eine standardisierte Erfassungsmethode, bei der Benchmarkvergleiche möglich sind. Hier bieten sich z.B. der Denison Organization Culture Survey (DOCS) oder der Organizational Culture Inventory (OCI) an. Beide Instrumente verfügen inzwischen über eine Datenbank, die es ermöglicht, das eigene Unternehmen anhand der jeweiligen Dimensionen des gewählten Instruments mit anderen Firmen zu vergleichen. Daraus wird unmittelbar ersichtlich, in welchen Bereichen das Unternehmen besser, gleich oder schlechter im Vergleich zu den Unternehmen der Datenbank dasteht. Allerdings ist das Ergebnis solch eines Vergleichs mit Vorsicht zu interpretieren, da i.d.R. keine Branchenvergleiche durchgeführt werden, der Vergleich auf einem anonymisierten Mittelwert von ganz unterschiedlichen Firmen und Branchen basiert, die i.d.R. eine unterschiedliche Strategie verfolgen. Will man die bestehende Unternehmenskultur kennenlernen und transparent machen, dann ist ein firmenspezifisches Vorgehen angesagt, bei dem die speziellen Charakteristika der vorhandenen Unternehmenskultur aufgedeckt werden können. Hierfür eignen sich z.B. die Repertory Grid Technik, das Concept Mapping-Pattern Matching oder aber auch ein differenzierter Fragebogen, bei dem offene Fragen mit integriert sind, wie z.B. der Organizational Culture Questionnaire (Sackmann, 2002/2004). Besteht ein Interesse, die vorhandene Kultur aufzudecken, um sie im Hinblick auf eine konkrete Herausforderung weiter zu entwickeln, ist eine fokussierte, problemorientierte Erfassungsmethode am geeignetsten (z.B. CA, Sackmann, 2002/2004). Bei diesem Vorgehen wird zunächst im Hinblick auf die konkrete Herausforderung die zukünftig notwendige Soll-Kultur bestimmt. Diese dient dann als Orientierungsgröße für den Kulturerfassungs- und

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-veränderungsprozess. Die Analyse der vorhandenen Unternehmenskultur erfolgt daher fokussiert auf die konkrete Fragestellung. Zur Datenerhebung werden eine Kombination von Datenerhebungsmethoden, wie Einzelinterviews, Beobachtungen vor Ort, Dokumentenanalysen sowie eine Reihe von Workshops durchgeführt. Die resultierenden Informationen werden zu einem Gesamtbild verdichtet, das die notwendigen Veränderungsbereiche und deren Richtung aufzeigt und daher unmittelbar handlungsrelevante Informationen liefert. Generell sollte bei der Datenerhebung darauf geachtet werden, dass postulierte Werte mit dem tatsächlichen Verhalten verglichen werden, um eine Aussage über den Grad der Glaubwürdigkeit und Konsistenz zwischen gepredigtem und gelebtem Verhalten machen zu können. Auch ist es sinnvoll, verschiedene Innen- und Außenperspektiven zu erheben, wie z.B. von Mitarbeitern und Führungskräften sowie von z.B. Kunden, Lieferanten oder Anteilseignern. Ein Vergleich deckt mögliche unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen auf, die dann adressiert werden können. Wird ein Vergleich mit Erfolgs- bzw. Leistungsparametern angestrebt, so sollten die Charakteristika der wichtigen strategischen und operativen Kennzahlen des Unternehmens bzw. der Branche mit berücksichtigt werden.

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Ansatzpunkte zur Messung von Unternehmenskulturen. Grundlage für die Entwicklung eines Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“
Judith Beile Wilke, Maack & Partner WMP Unternehmensberatung judith.beile@wmp-consult.de

1. Einleitung
Unternehmenskultur wurde in den letzten Jahren von vielen Unternehmen als wichtiges Entwicklungs- und Strategiefeld erkannt. Die Unternehmen versprechen sich durch eine qualifizierte Unternehmenskultur höhere Produktivität, größere Zufriedenheit und sicherere Arbeitsplätze. Daher wächst auch das Interesse, die Unternehmenskultur in messbaren Kategorien zu erfassen, um sie in die gewünschte Richtung verändern zu können. Ebenfalls im Aufwind ist das Thema Mitarbeiterbeteiligung, auch dieses Thema verspricht mehr wirtschaftlichen Erfolg und beschäftigt zunehmend Wirtschaft und Politik. Auf die nahe liegende Verknüpfung der beiden Themen hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (Wolf & Zwick 2002) hingewiesen: Danach ist eine Mitarbeiterbeteiligung insbesondere dann wirksam, wenn sie mit anderen Personalmaßnahmen verbunden wird, insbesondere mit einer Unternehmenskultur, die den Beschäftigten eigenverantwortliches Handeln erlaubt. Im Rahmen des Projektes TiM, dessen zentrales Thema beteiligungsorientierte Unternehmenskultur ist, soll ein Verfahren entwickelt werden, das es erlaubt, beteiligungsorientierte Unternehmenskultur zu messen und zu bewerten. Um ein solches Verfahren entwickeln zu können, wird im Folgenden untersucht, welche beispielhaften Ansätze es gibt, Unternehmenskultur und ihre Veränderungen zu messen. Anhand dieser Ansätze sollen Schlussfolgerungen für ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ gezogen werden. Im Rahmen einer Auswertung von Literatur und Forschung wurden von uns exemplarisch drei unterschiedliche Verfahren ausgewählt, die geeignet sind, Rückschlüsse auf relevante Fragestellungen, Themenschwerpunkte und Methoden zu ziehen.

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Um ein möglichst breites Bild der Messverfahren und -methoden zu erhalten, wurden drei in Zielsetzung und Ansatz unterschiedliche Verfahren ausgewählt. Die Checkliste Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren (Sackmann, 2002) ist ein Beispiel aus der Wissenschaft. Hier wurden als Grundlage Unternehmen untersucht, die wirtschaftlich erfolgreich agieren und im Hinblick auf zuvor festgelegte kulturbestimmende Kriterien im Vergleich am besten abschnitten. Daraus entwickelt die Verfasserin eine Checkliste, anhand derer Unternehmen sich selbst hinsichtlich ihrer Unternehmenskultur untersuchen und bewerten können. Aus der Perspektive direkter Unternehmensberatung wurde das Great Place to Work® Kultur-Audit© ausgewählt. Dieses Mess- und Bewertungsverfahren ist mit viel Öffentlichkeitsarbeit verbunden und führt bei positiver Prüfung der Unternehmen zu einer Auszeichnung. Das auditierte Unternehmen kann mit dieser Auszeichnung werben und selbst Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Das dritte Beispiel steht für ein Verfahren aus der Perspektive eines einzelnen Unternehmens. Die Bertelsmann AG hat einen Werkzeugkasten Unternehmenskultur entwickelt, der ein Inventar von Instrumenten zur Umsetzung der Grundwerte von Bertelsmann enthält. Der Werkzeugkasten richtet sich in erster Linie an die Führungskräfte und die Personalabteilungen der zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Unternehmen. Die Unternehmenskultur soll hier durch die Bewertung der jeweiligen Teilunternehmenskultur an den Beispielen guter Praxis und die Orientierung daran in Richtung einer gewünschten Unternehmenskultur verändert werden. Anhand dieser drei Beispiele soll aufgezeigt werden, wie die verschiedenen Verfahren arbeiten. Leitfragen sind dabei: Was genau messen die verschiedenen Verfahren? Wie messen sie? Welchen Stellenwert hat die Beteiligung der Mitarbeiter? Die Untersuchung soll ein Schritt in Richtung Konstruktion eines Instrumentes zur Erfassung der Bedeutung der Beteiligungsorientierung in der Unternehmenskultur eines Unternehmens sein. Aus der vergleichenden Betrachtung sollen Schlüsse für die Entwicklung eines Audits „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ gezogen werden. Die Analyse soll Hinweise darauf liefern, welche Kriterien für ein solches Audit betrachtet werden müssen, wie sich ein

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Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ von anderen Messverfahren unterscheiden sollte und welche Methode sich dafür eignet.

2. Ansätze zur Erfassung der Unternehmenskultur
Die Bandbreite der vorhandenen Verfahren zur Erfassung der Unternehmenskultur ist groß: Sie reicht von Checklisten zur Eigenbewertung bis hin zu ausgefeilten Zertifizierungsverfahren mit dazu verliehenen Gütesiegeln. Allen Verfahren gemeinsam ist das Bestreben, die ganze Kultur oder zumindest Teilaspekte der Kultur von Unternehmen zu erfassen und zu bewerten. Im Folgenden werden exemplarisch drei solcher Verfahren analysiert.

2.1 Checkliste Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren
Die Checkliste Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren von Sonja Sackmann (Sackmann, 2002) ist das Ergebnis einer detaillierten Untersuchung von sechs Unternehmen1, die als Best-Practice-Unternehmen hinsichtlich ihrer Unternehmenskultur identifiziert wurden. Grundlage für die Auswahl der Unternehmen war eine Vorauswahl von 63 europäischen Unternehmen durch eine internationale Arbeitskommission, besetzt mit Experten aus Wissenschaft und Praxis. Ein Rechercheteam der Bertelsmann-Stiftung in Kooperation mit der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton untersuchte die vorgeschlagenen Unternehmen anhand von zehn Kriterien und zugeordneten Subkriterien. Das nach diesen Kriterien beste Unternehmen wurde anschließend mit dem Carl Bertelsmann Preis 2003 zum Thema „Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren“ ausgezeichnet. Die Checkliste, die aus der Untersuchung der sechs Unternehmen entstand, enthält die Charakteristika der sechs Firmen, die als diejenigen mit der nach den Kriterien der Kommission besten Unternehmenskultur identifiziert wurden. Mit der Checkliste können Unternehmen die eigene Unternehmenskultur kritisch überprüfen. Für Sackmann ist das Führungsverhalten zentrale Determinante der Unternehmenskultur, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen werden die zentralen Rahmenbedingungen einer Unternehmenskultur durch das TopManagement geprägt, zum anderen repräsentieren alle Führungskräfte die einmal festgelegte Unternehmenskultur (Sackmann, 2002; S. 37). Daher wird der Führungskultur bei der Checkliste zur Messung der Unternehmenskultur hohe Bedeutung eingeräumt, bereits der Titel der

BMW Group, Deutsche Lufthansa AG, Grundfos A/S, Henkel KGaA, Hilti Aktiengesellschaft, Novo Nordisk A/S

1

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Checkliste „Unternehmenskultur und Führungsverhalten als Erfolgsfaktoren“ macht dies deutlich. Die Checkliste ist in zehn Überschriften unterteilt, die jeweils mit bis zu 15 in Aussageform formulierten Sätzen unterlegt sind. Die Überschriften lauten: 1. Klare Identität, Zielorientierung und Umsetzung der Ziele 2. Konsequente Ausrichtung auf den Kunden 3. Innovations-, Lern- und Entwicklungsorientierung 4. Partnerschaftliches und kulturkonformes Führungsverhalten 5. Führungskontinuität 6. Unternehmertum im Unternehmen 7. Das Selbstverständnis eines Corporate Citizen 8. Engagierte, transparente und unabhängige Unternehmensaufsicht 9. Orientierung an profitablem und nachhaltigem Wachstum 10. Grundlegende Überzeugungen, Haltungen und gelebte Werte. Die Aussagen sind so formuliert, dass sie auf Firmen zutreffen, die sich als hervorragende Beispiele im Hinblick auf kulturbewusstes Management, Unternehmenskultur und Führungsverhalten auszeichnen. Im Idealfall können Unternehmen den Aussagen zustimmen. Es gibt kein vorgegebenes Auswertungsraster, die Bewertung der eigenen Kultur bleibt den Unternehmen selbst überlassen. Unternehmen, die dieses Verfahren anwenden, erhalten keine direkten Handlungsempfehlungen. Zielgruppe für die Checkliste sind Unternehmen, die ihre eigene Unternehmenskultur kritisch überprüfen wollen, ohne dabei gleich in einen öffentlichkeitswirksamen Wettbewerb zu treten. Die Checkliste kann lediglich einer ersten Einschätzung der eigenen Unternehmenskultur dienen. Unternehmen, die sich zu einer intensiveren Beschäftigung mit diesem Thema und zu einer bewussten Veränderung der Unternehmenskultur entschließen, müssen in einem zweiten Schritt andere Verfahren anwenden, die es erlauben, die aktuelle und die gewünschte Unternehmenskultur in Kategorien abzubilden, die im Rahmen eines Veränderungsmanagements fassbar sind.

2.2 Great Place to Work® Kultur-Audit©
Das Vorgehen bei Great Place to Work wurde in den USA von Robert Levering und Milton Moskowitz, den Gründern des Great Place to Work® Institute USA, entwickelt und beruht

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auf einer gleichnamigen Studie (Levering, 2000). Der Ansatz soll zur Verwirklichung des folgenden Leitsatzes beitragen: "Dedicated to build a better society by helping companies to transform their workplaces".2 Great Place to Work® Kultur-Audit© ist international, in Deutschland können sich mittlerweile Unternehmen für das Audit bewerben. Es wird viel Öffentlichkeitsarbeit für das Audit gemacht, eine öffentliche Auszeichnung als „bester Arbeitgeber“ wird jedes Jahr vergeben. Great Place to Work® Europe koordiniert die Great Place to Work® Studie auf europäischer Ebene und wird auf dieser Ebene durch das Analyseinstitut Oxford Research A/S aus Dänemark vertreten. Dieses entwickelt, organisiert und veröffentlicht die EU-weite Liste der 100 besten europäischen Arbeitgeber, die sich aus nationalen Listen der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt. Das Forschungs- und Beratungsinstitut psychonomics AG ist für die Durchführung der Studie in Deutschland verantwortlich. "Europas Beste Arbeitgeber" werden jährlich auf der Basis nationaler Great Place to Work-Wettbewerbe vom Great Place to Work Institut Europe in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut psychonomics, der Gothaer Allmeinen Versicherung, INQA und dem Bundesminister für Arbeit und Soziales ermittelt. Als Forschungsinstrumentarium werden eine schriftliche Mitarbeiterbefragung sowie ein schriftliches Kultur-Audit bei Personalverantwortlichen eingesetzt. An der Mitarbeiterbefragung nehmen je nach Unternehmensgröße im Rahmen einer Vollbefragung oder einer Stichprobenbefragung 50 - 500 Mitarbeiter teil. Die Mitarbeiterbefragung enthält 59 standardisierte Fragen, die sich auf die fünf Dimensionen des Great Place to Work® Modells© (Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamorientierung) beziehen. Außerdem werden individuelle Aussagen der Mitarbeiter, die als Antworten auf eine offene Frage gegeben werden, sowie jegliche bereit gestellte Information seitens der Befragungsteilnehmer einbezogen. Der Trust Index© kann um unternehmensindividuelle Fragen ergänzt werden. Eine der standardisierten Fragen lautet z.B. „Auf welche Weise fördert Ihr Unternehmen ältere Arbeitnehmer bspw. im Rahmen der Personalrekrutierung, der Arbeitsbedingungen, der

2

Vgl. www.greatplacetowork.de/die_studie.html

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Weiterbildung, der Einsatzfelder und der Bindung der Mitarbeiter?“ Insgesamt werden folgende zehn Themenkomplexe abgefragt: 1. Vermittlung von Informationen/Leitbild an Mitarbeiter 2. Lebenslanges Lernen 3. Vorschlagswesen 4. Respekt gegenüber Mitarbeitern 5. Vergütungssysteme/Einmalleistungen 6. Gleichstellung 7. Ältere ArbeitnehmerInnen 8. Umgang mit Minderheiten (Herkunft, Religion, Behinderung, sexuelle Orientierung) 9. Förderung kultureller Vielfalt 10. Gründe für Mitarbeiter, stolz auf ihre Unternehmen zu sein 11. Feierlichkeiten im Unternehmen. Neben den Befragungen wird weiteres Material wie Mitarbeiterhandbücher, Newsletter, Videos, Presseberichte etc. herangezogen. Zwei Drittel der Gesamtbewertung eines Unternehmens setzen sich aus den Resultaten der standardisierten Mitarbeiterbefragung und dem darauf basierenden Bewertungsinstrument Great Place To Work® Trust Index sowie Antworten auf eine offene Frage zusammen. Ein weiteres Drittel der Bewertung basiert auf dem Kultur-Audit. Zielgruppe für dieses Verfahren sind Unternehmen sowie öffentliche und private Organisationen mit mindestens 50 beschäftigten Mitarbeitern in Deutschland, die sich der Außenwelt als attraktives Unternehmen präsentieren wollen. Zwar bietet das Instrument auch die Möglichkeit, die eigene Qualität und Attraktivität als Arbeitgeber auf der Grundlage von Mitarbeiterurteilen und einem Personal Kultur-Audit zu überprüfen und auf nationaler und europäischer Ebene zu „benchmarken“. Im Vordergrund steht jedoch die Anerkennung als attraktiver Arbeitgeber auf dem deutschen und europäischen Personalmarkt sowie in der Öffentlichkeit.

2.3 Bertelsmann-Werkzeugkasten Unternehmenskultur
Die Bertelsmann AG steht als international agierender Konzern mit vielen Tochterunternehmen und teilweise dezentralen Strukturen vor besonderen Herausforderungen bei der Etablierung einer unternehmensweit gültigen Unternehmenskultur. Um den Austausch und die Expertise zur Förderung der Unternehmenskultur im Rahmen definierter Grundwerte systema-

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tisch zu fördern, hat das Unternehmen einen Werkzeugkasten Unternehmenskultur entwickelt, in dem die Ergebnisse aus Interviews mit 59 Firmen des Konzerns zusammengefasst sind. Entstanden ist ein Inventar von Instrumenten zur Umsetzung der Grundwerte von Bertelsmann, das sich in erster Linie an die Führungskräfte und die Personalabteilungen der zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Unternehmen richtet. Da die Bertelsmann AG dezentral organisiert ist, können die einzelnen Firmen unabhängig Entscheidungen fällen. Zwar sind die in den Bertelsmann Essentials ausgedrückten Grundwerte (Partnerschaft, Unternehmergeist, Kreativität und Gesellschaftliche Verantwortung) für alle Mitarbeiter im Konzern verbindlich, allerdings sind die Firmen frei in der Umsetzung dieser Werte. Mit Hilfe des Werkzeugkastens Unternehmenskultur sollen Informationen von den einzelnen Firmen über die von ihnen gewählten Instrumente zur Umsetzung der BertelsmannGrundwerte gesammelt werden. Durch das Zusammentragen dieser Informationen und ihre anschließende Verbreitung an alle Firmen sollen diese in die Lage versetzt werden, Genaueres über die Instrumente der anderen Firmen zu erfahren und ihre eigenen Instrumente zu evaluieren. Dieses Instrument unterscheidet sich von den anderen Verfahren insofern, als es explizit auf ein Großunternehmen ausgerichtet ist und der Umsetzung klar definierter Werte dienen soll, die für dieses Unternehmen als verbindlich beschlossen wurden. Folgende Dimensionen werden im Werkzeugkasten Unternehmenskultur erfasst und beschrieben: 1. Bekanntheit gemeinsamer Geschäftsziele und -werte 2. Delegation 3. Führungskräfteentwicklung 4. Information und Kommunikation 5. Mitwirkung der Mitarbeiter 6. Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern 7. Gerechte Vergütung und Sozialleistungen 8. Arbeitsplatzsicherheit.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

33

Diesen Dimensionen werden jeweils Werkzeuge zugeordnet, die in einzelnen BertelsmannUnternehmen umgesetzt werden und als Best-Practice-Beispiele anderen BertelsmannUnternehmen über den Werkzeugkasten zugänglich gemacht werden sollen.

2.4 Systematisierung der Verfahren
Anhand der folgenden Darstellung wird ein Systematisierungsvorschlag gemacht, der breit genug ist, um alle Verfahren darzustellen. Dabei wird zwischen Kategorien und Instrumenten unterschieden. Die Instrumente wurden aus einem Vergleich von Verfahren ermittelt, von denen die hier genauer betrachteten nur einen Ausschnitt bilden. Dabei fragen die einzelnen Verfahren immer nur einen Ausschnitt der hier aufgelisteten Instrumente ab. Um die Instrumente zu systematisieren, wurden Kategorien gebildet, die als Oberbegriffe die Instrumente thematisch bündeln. Die Reihenfolge, in der die Kategorien und Instrumente dargestellt sind, impliziert keine Rangfolge. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Instrumente
CSR Statement Sponsoring Transparenz/Dialog mit Stakeholdern Kundenorientierung

Kategorien/Bereiche
Arbeitszeitregelungen Stakeholderiniteressen/CSR

Instrumente
Länge der Arbeitszeit Urlaubsregelungen Sabbaticals Zeitsparmodelle Flexibilität der Arbeitszeit Höhe der Entlohnung/Erfüllung tarifli. Maßstäbe

Initeressenvertretung von Mitarbeitern/Betriebsrat Mitbestimmungsmöglichkeiten Informationspolitik gegenüber Mitarbeitern

Mitbestimmung

Entgelt

Übertarifliche Leistungen Bonuszahlungen/Profit sharing Kapitalbeteiligung Vermögensbildung Angebote zur Altersvorsorge

Partizipatives Führungsverhalten Transparenz in der Personalpolitik Bewusste Konfliktbearbeitung Mitarbeitergespräche Offene Informationskultiur Aufwendungen für F&E/Technologie Instrumente f. betriebl. Verbesserung (KVP etc.) Offene Fehlerkultur Belohnung neuer Ideen

Führungsverhalten/Management Gesundheitsvorsorge

Krankenstand Präventionsangebote Rückkehr-Gespräche Gesundheitsförderung Betriebssport

Innovationsfähigkeit Gleichstellung/Diversity

Gleichstellungspolitik Freiheit Religion, sexuelle Orientierung Verschiedene Ethnien Integration von Behinderten Angebote Work-Life-Balance Unfallquote

Unternehmenskultur
Feste/Feiern Hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter Geringer Personalwechsel Stabilität der Führung Quantitativ gute Sozialleistungen Angebote zur Krisenbewältigung Angebote für ÖPNV, Sport etc.

Arbeitszufriedenheit/Motivation

Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz

Maßnahmen zur Arbeitssicherheit Präventionsangebote im Arbeitsschutz Teamarbeit

Sozialleistungen

Arbeitsinhalte/Arbeitsgestaltung

Arbeitsplatzbeschreibungen Selbstbestimmung über Arbeitsgestaltung Job Enrichment Individuelle Freiräume

Offene Fehlerkultur Krisenregelung, Rücksicht auf versch. Interessen Transparente Unternehmensaufsicht

Konfliktregelungen

Karriere/Aufstiegsmöglichkeiten

Beförderungsrichtlinien Aufstiegschancen Frauenförderung

Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum Klare Unternehmensziele/Visionen Klares Mitarbeiterbild

Unternehmenziele/ Grundl. Überzeugungen Wettbewerbsorientierung

Ausbildung/Fortbildung
Kostenbewusstein Benchmark-Orientierung

Angebote zur Weiterbildung Lehrlingsausbildung Training on the job Nachwuchsförderung Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer

Abb. 1: Instrumente und Kategorien der Unternehmenskultur In der systematischen Übersicht können die für die Unternehmenskultur relevanten Bereiche 17 Themenkomplexen zugeordnet werden, für die jeweils beispielhaft drei bis fünf Instrumen-

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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te genannt werden. Die Darstellung zeigt, wie viele Faktoren im einzelnen auf die wahrgenommene und gelebte Kultur eines Unternehmens Einfluss nehmen. Und auch die drei beschriebenen Verfahren berücksichtigen – mit jeweils eigenen Schwerpunkten – in ihren Messversuchen fast alle der aufgelisteten Einflussfaktoren. Überprüft man die drei ausgewählten Verfahren darauf, welche Themenkomplexe sie für die Erfassung der Unternehmenskultur berücksichtigen und welche Instrumente sie im Rahmen des Themenkomplexes in Betracht ziehen, ergibt sich in der hier entwickelten Grundstruktur ein jeweils individuell gefärbtes Erscheinungsbild der verschiedenen Verfahren zur Erfassung der Unternehmenskultur. Unternehmenskultur nach Sackmann Die Checkliste von Sackmann (Sackmann, 2002) ergibt, eingeordnet in das Schema, folgendes Bild:

Länge der Arbeitszeit CSR Statement Sponsoring Transparenz/Dialog mit Stakeholdern Kundenorientierung

Arbeitszeitregelungen Stakeholderinteressen/CSR

Urlaubsregelungen Sabbaticals Zeitsparmodelle Flexibilität der Arbeitszeit Höhe der Entlohnung/Erfüllung tarifl. Maßstäbe

Interessenvertretung von Mitarbeitern/Betriebsrat Mitbestimmungsmöglichkeiten Informationspolitik gegenüber Mitarbeitern

Mitbestimmung

Entgelt

Übertarifliche Leistungen Bonuszahlungen/Profit sharing Kapitalbeteiligung Vermögensbildung Angebote zur Altersvorsorge

Partizipatives Führungsverhalten Transparenz in der Personalpolitik Bewusste Konfliktbearbeitung Mitarbeitergespräche Offene Informationskultiur Aufwendungen für F&E/Technologie Instrumente f. betriebl. Verbesserung (KVP etc.) Offene Fehlerkultur Belohnung neuer Ideen

Führungsverhalten/Management Gesundheitsvorsorge

Krankenstand Präventionsangebote Rückkehr-Gespräche Gesundheitsförderung Betriebssport

Innovationsfähigkeit Gleichstellung/Diversity

Gleichstellungspolitik Freiheit Religion, sexuelle Orientierung Verschiedene Ethnien Integration von Behinderten Angebote Work-Life-Balance Unfallquote

Unternehmenskultur
Feste/Feiern Hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter Geringer Personalwechsel Stabilität der Führung Quantitativ gute Sozialleistungen Angebote zur Krisenbewältigung Angebote für ÖPNV, Sport etc.

Arbeitszufriedenheit/Motivation

Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz

Maßnahmen zur Arbeitssicherheit Präventionsangebote im Arbeitsschutz Teamarbeit Arbeitsplatzbeschreibungen Selbstbestimmung über Arbeitsgestaltung Job Enrichment Individuelle Freiräume

Sozialleistungen

Arbeitsinhalte/Arbeitsgestaltung

Offene Fehlerkultur Krisenregelung, Rücksicht auf versch. Interessen Transparente Unternehmensaufsicht

Konfliktregelungen

Karriere/Aufstiegsmöglichkeiten

Beförderungsrichtlinien Aufstiegschancen Frauenförderung Angebote zur Weiterbildung

Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum Klare Unternehmensziele/Visionen Klares Mitarbeiterbild

Unternehmensziele/ Grundl. Überzeugungen Wettbewerbsorientierung

Ausbildung/Fortbildung
Kostenbewusstein Benchmark-Orientierung

Lehrlingsausbildung Training on the job Nachwuchsförderung Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer

Abb. 2: Einordnung der Checkliste von Sackmann in das Kategorienschema

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Sechzehn der siebzehn Themenfelder werden in der Checkliste behandelt. Es ist ein breit angelegter Versuch, die Vielfalt von Kultur beeinflussenden Variablen in ein Bewertungsschema zu bringen. Lediglich die Kategorie Sozialleistungen spielt in dieser Checkliste keine Rolle für die Erfassung der Unternehmenskultur. Dabei ist die Gewichtung der Themenfelder durchaus unterschiedlich. Besonderer Wert wird auf die Unternehmensführung und auf die Transparenz und Verbindlichkeit der Unternehmenskultur gelegt. Auf der Ebene der Instrumente wird dabei jeweils nicht das gesamte Spektrum berücksichtigt, das sich aus der Zusammenschau vieler Verfahren ergeben hat. Gleichwohl kann die Checkliste als sehr umfassende Zusammenfassung wichtiger Kulturfaktoren gewertet werden. Die Beteiligungsorientierung des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern spielt in der Bewertung allerdings nur eine indirekte und untergeordnete Rolle. Zwar werden die Möglichkeit zur Kapitalbeteiligung sowie die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat als positive Kulturfaktoren genannt. Deutlich stärkere Gewichtung haben jedoch Transparenz und Führungsverhalten, die aus Sicht von Sackmann zentrale Bedeutung für die Unternehmenskultur haben. Great Place to work Ordnet man das Verfahren von Great Place to Work in das Schema ein, so ergibt sich das in Abbildung 3 dargestellte Bild. Im Vergleich mit dem Ansatz von Sackmann werden zwar weniger Themenbereiche angesprochen, aber doch im Kern ähnliche Fragen analysiert. Vierzehn der siebzehn Themenfelder werden von Great Place to Work abgedeckt. Keine Rolle spielen Stakeholderinteressen (Kunden, CSR, Stakeholder außerhalb des Unternehmens, Sponsoring) und Wettbewerbsorientierung. Das erklärt sich durch die Orientierung auf die Mitarbeiter und die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber. Weiter fehlt auch das Themenfeld Gesundheitsvorsorge. Es wird lediglich nach der Sicherheit des Arbeitsplatzes gefragt, nicht aber nach Maßnahmen der Gesundheitsförderung, nach Rückkehrgesprächen oder nach Angeboten für Betriebssport. Die Mitarbeiter haben auf dem Fragebogen Gelegenheit, Außergewöhnliches oder Spezielles anzumerken, durch das sich ihr Arbeitsplatz besonders positiv hervorhebt.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur
CSR Statement Sponsoring Transparenz/Dialog mit Stakeholdern Kundenorientierung

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Urlaubsregelungen Sabbaticals Zeitsparmodelle Flexibilität der Arbeitszeit Höhe der Entlohnung/Erfüllung tarifl. Maßstäbe

Arbeitszeitregelungen Stakeholderinteressen/CSR

Interessenvertretung von Mitarbeitern/Betriebsrat Mitbestimmungsmöglichkeiten Informationspolitik gegenüber Mitarbeitern

Mitbestimmung

Entgelt

Übertarifliche Leistungen Bonuszahlungen/Profit sharing Kapitalbeteiligung Vermögensbildung Angebote zur Altersvorsorge

Partizipatives Führungsverhalten Transparenz in der Personalpolitik Bewusste Konfliktbearbeitung Mitarbeitergespräche Offene Informationskultiur Aufwendungen für F&E/ Technologie Instrumente f. betriebl. Verbesserung (KVP etc.) Offene Fehlerkultur Belohnung neuer Ideen

Führungsverhalten/Management Gesundheitsvorsorge

Krankenstand Präventionsangebote Rückkehr-Gespräche Gesundheitsförderung Betriebssport

Innovationsfähigkeit Gleichstellung/Diversity

Gleichstellungspolitik Freiheit Religion, sexuelle Orientierung Verschiedene Ethnien Integration von Behinderten Angebote Work-Life-Balance Unfallquote

Unternehmenskultur
Feste/Feiern Hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter Geringer Personalwechsel Stabilität der Führung Quantitativ gute Sozialleistungen Angebote zur Krisenbewältigung Angebote für ÖPNV, Sport etc.

Arbeitszufriedenheit/Motivation

Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz

Maßnahmen zur Arbeitssicherheit Präventionsangebote im Arbeitsschutz Teamarbeit Arbeitsplatzbeschreibungen Selbstbestimmung über Arbeitsgestaltung Job Enrichment Individuelle Freiräume

Sozialleistungen

Arbeitsinhalte/Arbeitsgestaltung

Offene Fehlerkultur Krisenregelung, Rücksicht auf versch. Interessen Transparente Unternehmensaufsicht

Konfliktregelungen

Karriere/Aufstiegsmöglichkeiten

Beförderungsrichtlinien Aufstiegschancen Frauenförderung

Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum Klare Unternehmensziele/Visionen Klares Mitarbeiterbild

Unternehmensziele/ Grundl. Überzeugungen Wettbewerbsorientierung

Angebote zur Weiterbildung

Ausbildung/Fortbildung
Kostenbewusstein Benchmark-Orientierung

Lehrlingsausbildung Training on the job Nachwuchsförderung Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer

Abb. 3: Einordnung des Great Place to Work-Verfahrens in das Kategorienschema

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur Werkzeugkasten Unternehmenskultur von Bertelsmann

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In unserem Raster stellt sich der Bertelsmann-Werkzeugkasten Unternehmenskultur wie folgt dar:
Länge der Arbeitszeit CSR Statement Sponsoring Transparenz/Dialog mit Stakeholdern Kundenorientierung

Arbeitszeitregelungen Stakeholderinteressen/CSR

Urlaubsregelungen Sabbaticals Zeitsparmodelle Flexibilität der Arbeitszeit Höhe der Entlohnung/Erfüllung tarifl. Maßstäbe

Interessenvertretung von Mitarbeitern/Betriebsrat Mitbestimmungsmöglichkeiten Informationspolitik gegenüber Mitarbeitern

Mitbestimmung

Entgelt

Übertarifliche Leistungen Bonuszahlungen/Profit sharing Kapitalbeteiligung Vermögensbildung Angebote zur Altersvorsorge

Partizipatives Führungsverhalten Transparenz in der Personalpolitik Bewusste Konfliktbearbeitung Mitarbeitergespräche Offene Informationskultiur Aufwendungen für F&E/Technologie Instrumente f. betriebl. Verbesserung (KVP etc.) Offene Fehlerkultur Belohnung neuer Ideen

Führungsverhalten/Management Gesundheitsvorsorge

Krankenstand Präventionsangebote Rückkehr-Gespräche Gesundheitsförderung Betriebssport

Innovationsfähigkeit Gleichstellung/Diversity

Gleichstellungspolitik Freiheit Religion, sexuelle Orientierung Verschiedene Ethnien Integration von Behinderten Angebote Work-Life-Balance Unfallquote

Unternehmenskultur
Feste/Feiern Hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter Geringer Personalwechsel Stabilität der Führung Quantitativ gute Sozialleistungen Angebote zur Krisenbewältigung Angebote für ÖPNV, Sport etc.

Arbeitszufriedenheit/Motivation

Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz

Maßnahmen zur Arbeitssicherheit Präventionsangebote im Arbeitsschutz Teamarbeit Arbeitsplatzbeschreibungen Selbstbestimmung über Arbeitsgestaltung Job Enrichment Individuelle Freiräume

Sozialleistungen

Arbeitsinhalte/Arbeitsgestaltung

Offene Fehlerkultur Krisenregelung, Rücksicht auf versch. Interessen Transparente Unternehmensaufsicht

Konfliktregelungen

Karriere/Aufstiegsmöglichkeiten

Beförderungsrichtlinien Aufstiegschancen Frauenförderung

Angebote zur Weiterbildung Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum Klare Unternehmensziele/Visionen Klares Mitarbeiterbild

Unternehmensziele/ Grundl. Überzeugungen Wettbewerbsorientierung

Ausbildung/Fortbildung
Kostenbewusstein Benchmark-Orientierung

Lehrlingsausbildung Training on the job Nachwuchsförderung Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer

Abb. 4: Einordnung des Werkzeugkasten Unternehmenskultur in das Kategorienschema Dreizehn der siebzehn Themenfelder werden im Bertelsmann-Werkzeugkasten berücksichtigt. Nicht genannt werden Gesundheitsvorsorge, Gleichstellung/Diversity, Arbeitssicherheit/ Arbeitsschutz und Wettbewerbsorientierung. Das Fehlen dieser Bereiche sagt allerdings nichts darüber aus, inwieweit sich das Unternehmen auf diesen Gebieten engagiert. Die Bertelsmann AG ist in den Bereichen Gesundheitsvorsorge und Arbeitsschutz beispielsweise überdurchschnittlich engagiert. Dass Wettbewerbsorientierung für die Bertelsmann AG wichtig ist, liegt auf der Hand. Wenn diese Bereiche gleichwohl nicht im Werkzeugkasten Unternehmenskultur auftauchen, lässt dies also den Schluss zu, dass sie – auch wenn sie im Unternehmen von hoher Bedeutung sind – nicht als essentieller Einflussfaktor für die Unternehmenskultur betrachtet werden. Darin zeigt sich ein deutlicher Unterscheid zu anderen Konzepten von Unternehmenskultur, wo insbesondere die Themenfelder Gleichstellung/Diversity und

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz wichtige Bestandteile von Unternehmenskultur sind, die in die Bewertung der Unternehmen einfließen.

3. Vergleich der Verfahren
Betrachtet man die untersuchten Verfahren im Überblick, so lassen sich einige Aussagen treffen. Die Auswertung belegt zunächst, dass es zwar kein allgemein anerkanntes und einheitliches Verständnis von „Unternehmenskultur“ gibt, aber doch ein weitgehend einheitlich verstandenes Set von Einflussfaktoren auf die Unternehmenskultur, wie es auch in der schematisierten Übersicht graphisch verdeutlicht wird. Je nach Sichtweise und Blickwinkel werden aber unterschiedliche Themenkomplexe in die Erfassung und Bewertung von Unternehmenskultur einbezogen. Teilweise erklärt sich die Einschränkung der Themenwahl durch die explizite Festlegung der Zielgruppe. So betrachtet beispielsweise Great Place to Work das Unternehmen aus der Perspektive der Attraktivität für die Mitarbeiter. Andere Stakeholderinteressen spielen aus dieser Perspektive keine Rolle. Das Verfahren von Sackmann (Sackmann, 2002) ist stärker aus der Perspektive der Führung eines Unternehmens angelegt. Nicht für jede Auswahl der einen und das Weglassen anderer Themenfelder liegen die Erklärungen auf der Hand. So wird der Themenkomplex Gleichstellung/Diversity vom Werkzeugkasten Unternehmenskultur nicht erfasst, obwohl er vermutlich für die Frauen in einem Unternehmen eine erhebliche Rolle bei der Arbeitszufriedenheit spielt und damit als wichtiger Faktor der Unternehmenskultur gesehen werden kann. Das Gleiche gilt für die Themenfelder Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz. Sozialleistungen sind auch nicht in jedem Verfahren ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur, z.B. werden sie in der Checkliste von Sackmann nicht betrachtet. Great Place to Work hat das Themenfeld Gesundheitsvorsorge nicht im Blick. Auf der Instrumentenebene zeigt sich noch deutlicher als bei der Auswahl der Themenfelder, dass die Messinstrumente sich unterscheiden, wobei meist die Zielgruppe und die Zielsetzung des gesamten Verfahrens die jeweils unterschiedliche Instrumentenauswahl erklären kann. Im Bereich Führungsverhalten/Management spielen beispielsweise bei der Checkliste von Sackmann und dem Werkzeugkasten Unternehmenskultur, die jeweils das ganze Unternehmen im Blick haben, Mitarbeitergespräche eine Rolle für die Bewertung der Unternehmenskultur. Bei

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

39

Great Place to Work, das die Beurteilung des Unternehmens durch die Mitarbeiter im Fokus hat, werden die Gespräche nicht explizit abgefragt. Im Bereich Weiterbildung fragt hingegen nur Great Place to Work nach speziellen Angeboten für ältere Arbeitnehmer. Einen einheitlichen Standard gibt es also nicht. Dennoch liegt eine hohe Übereinstimmung in der Auswahl der Themenfelder vor, die von allen hier untersuchten und auch von vielen anderen Messinstrumenten als wichtige Bestandteile der Unternehmenskultur betrachtet werden. Dazu gehört insbesondere das Themenfeld Führungsverhalten und Management. Darin zeigt sich die gemeinsame Auffassung, die in allen Verfahren zum Tragen kommt, dass Unternehmenskultur von der Unternehmensführung gelebt werden muss, wenn sie eine Chance auf Durchsetzung im Gesamtunternehmen haben soll. Zu den Übereinstimmungen gehören aber auch die Themenfelder Mitbestimmung, Innovationsfähigkeit, Arbeitszufriedenheit, Konfliktregelungen, Unternehmensziele, Arbeitszeitregelungen, Entgelt, Arbeitssicherheit, Arbeitsinhalte, Karriere und Aus- und Fortbildung, die in allen Verfahren in unterschiedlicher Gewichtung berücksichtigt werden. Die Art der Messung ist hinsichtlich der Methode und des Aufwandes durch das Ziel des Verfahrens bestimmt und unterscheidet sich daher erheblich. Das Verfahren von Sackmann (Sackmann, 2002) beschränkt sich auf eine Checkliste von Aussagen, da es lediglich einer ersten Selbsteinschätzung der Unternehmen dient. Es gibt kein Auswertungsraster, die Unternehmen können prüfen, inwieweit sie die Aussagen für sich bestätigen können. Ganz anders Great Place to Work: Als kostenpflichtiges Audit, das Unternehmen gegeneinander antreten lässt und eine Rangliste bestimmt, muss dieses Verfahren ein Auswertungssystem haben, das es erlaubt, unterschiedlichste Unternehmen in einem einheitlichen Verfahren zu bewerten, und das dabei für die Unternehmen nachvollziehbar ist. Denn diese bekommen einen Feedback-Report zu den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung und einen Benchmark-Report zum Vergleich innerhalb des Wettbewerbsfelds als Ergebnis der Bewertung. Der Werkzeugkasten Unternehmenskultur von Bertelsmann wiederum als Verfahren, das für ein Unternehmen entwickelt wurde, benötigt kein ausgefeiltes Bewertungssystem. Ziel ist die Verbreitung von Best-Practice-Modellen im Unternehmen, es werden keine Vergleiche mit anderen Unternehmen angestellt.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Welchen Stellenwert hat Beteiligung in den untersuchten Verfahren? Explizit oder als Schwerpunkt wird Mitarbeiterbeteiligung in keinem der Verfahren untersucht. Dennoch spielt sie eine Rolle, etwa bei der Möglichkeit, Arbeitsinhalte mitzubestimmen, die alle drei Verfahren berücksichtigen, oder – wie bei der Checkliste von Sackmann – bei der Form der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, die hier in einer guten Unternehmenskultur durch gegenseitige Akzeptanz, Dialog und partnerschaftliches Verhalten geprägt ist. Beteiligung spielt auch eine Rolle, wenn Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter umgesetzt werden oder wenn eine offene Informationskultur herrscht. Die materielle Beteiligung wird in den Verfahren berücksichtigt, z.B. in Form von Bonuszahlungen an die Mitarbeiter, von Sackmann auch in Form von Kapitalbeteiligung. Eine hervorgehobene und systematische Untersuchung und Bewertung von Beteiligung findet jedoch in den untersuchten Verfahren nicht statt.

4. Schlussfolgerungen für ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“
Was lässt sich aus der Untersuchung für die Entwicklung eines Audit ableiten, das explizit die Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur in den Mittelpunkt stellen und messen will? Zunächst: Beteiligung ist ein notwendiger Bestandteil einer funktionierenden und motivierenden Unternehmenskultur. Insoweit ist sie vom Grundverständnis her in allen Verfahren vorausgesetzt. Autoritärer Führungsstil, Abschottung von Information, schlechte Arbeitsbedingungen und bewusste Herabsetzung von Mitarbeitern verträgt sich nicht mit dem Ansatz, einen Beitrag zur Verbesserung und Öffnung von Unternehmenskultur leisten zu wollen. Aber ein Verfahren, das explizit die Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur in den Fokus nimmt, gibt es bislang noch nicht. Zwar werden einzelne Aspekte von Beteiligung materieller und immaterieller Art in den Verfahren berücksichtigt. Eine systematische Auswertung von Beteiligung wird jedoch nicht vorgenommen – das gilt auch für die anderen gängigen Bewertungsverfahren, die hier nicht ausführlich behandelt wurden. Jedes einzelne der drei Verfahren lässt einige Themenkomplexe außer Acht, die von anderen wiederum in die Betrachtung einbezogen werden. Dabei ist diese Auswahl meist – wenngleich nicht in jedem Fall – aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung, Zielgruppe und Zweck der Verfahren nachvollziehbar.

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Ein Audit, das die Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur in den Mittelpunkt stellt, muss notwendigerweise die Aspekte hervorheben, die es Mitarbeitern erlauben, sich in die Zielorientierung und den Alltag eines Unternehmens gemäß ihren Möglichkeiten und Vorstellungen einzubringen. Ein Unternehmen ist nach Martins, Pundt und Nerdinger (2005; S. 30) als beteiligungsorientiert zu bezeichnen, „wenn es permanent, bewusst und bevorzugt Formen der Mitarbeiterbeteiligung einsetzt, um die Probleme von Öffnung und Integration nachhaltig zu lösen und so vor allem die Anpassung an veränderte Umweltzustände zu ermöglichen. Beteiligungsorientierte Unternehmen sehen Mitarbeiterbeteiligung als das beste Mittel zur gleichzeitigen Öffnung und Integration an und setzen sie daher bevorzugt ein. Formen der Mitarbeiterbeteiligung werden in diesen Unternehmen nicht einmalig, sondern im Sinne eines dauerhaften und wiederkehrenden Grundprinzips allen unternehmerischen Handelns eingesetzt.“ Beteiligungsorientierung in diesem Sinne ist nicht durch das bloße Vorhandensein von beispielsweise materieller Mitarbeiterbeteiligung zu erreichen. Sie ist ein komplexer Mix aus Beteiligung und Mitbestimmung, der sich als grundlegendes Prinzip durch die Kultur eines Unternehmens zieht. Dies soll durch das Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ erfassbar gemacht werden. Welche Themenkomplexe und Instrumente für die Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur prägend sind und welche Kriterien wie bewertet werden können, ist bislang noch eine offene Frage. Klar ist: Auch bei einem solchen Audit müssen zunächst alle relevanten Themenkomplexe einbezogen werden, die generell eine Unternehmenskultur prägen, und darauf überprüft werden, inwieweit sie sich auf die Beteiligungsorientierung des Unternehmens auswirken. Dabei werden Themenbereiche wie Mitbestimmung, Führungsverhalten, Innovationsfähigkeit und Entgelt als Ganzes eine hervorgehobene Rolle spielen. Aber vor allem auch Themenbereiche aus dem Personalbereich (Ausbildung/Fortbildung, Karriere/Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsinhalte/Arbeitsgestaltung, Arbeitszeitregelungen, Gleichstellung/Diversity) sowie die Themen Unternehmensziele, Stakeholderinteressen/CSR spielen für die Beteiligungsorientierung von Unternehmen eine Rolle. Die Themenfelder sollten für ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ hingegen nicht als solche, sondern hinsichtlich der Beteiligung der Mitarbeiter untersucht werden. Eine reine Aufzählung von Instrumenten kann Beteiligungsorientierung nicht abbilden. Um

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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zu sinnvollen Aussagen über Beteiligungsorientierung zu kommen, muss vielmehr die Prozessebene erfasst werden. So sind beispielsweise beim Thema Arbeitszeitregelungen nicht in erster Linie die Anzahl und Ausgestaltung der einzelnen Regelungen von Bedeutung, sondern inwieweit die Mitarbeiter bei der Ausgestaltung der Regelungen beteiligt wurden und werden. Das beteiligungsorientierte Zustandekommen der Arbeitszeitregelungen und die Möglichkeit der Beschäftigten, an der Anwendung und weiteren bedarfsgerechten Ausgestaltung der Regelungen mitzuwirken, sollte im Mittelpunkt eines Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ stehen. Beim Themenfeld Unternehmensziele sollte nicht die Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum in die Bewertung einfließen, sondern die Art des Zustandekommens der Unternehmensziele und die Beteiligung der Mitarbeiter daran sowie die Möglichkeit der Mitarbeiter, auf eine Veränderung der Unternehmensziele Einfluss zu nehmen. Bei den Themenfeldern Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge sollten entsprechend nicht die einzelnen Maßnahmen abgefragt werden, sondern auch hier sollte im Mittelpunkt stehen, welchen Einfluss die Mitarbeiter auf die Ausgestaltung dieser Themenfelder haben. Dabei muss jeweils unterschieden werden zwischen dem direkten Einfluss von Mitarbeitern und dem vermittelten Einfluss über Mitarbeitervertretungsgremien wie den Betriebsrat. Betrachtet man die Ebene der Methoden, so liegt auf der Hand, dass ein Instrument, das die Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur messen soll, die Mitarbeiter auch in der Erfassungsmethode beteiligen muss. Eine Checkliste wie bei Sackmann, die vom Management ohne die Beteiligung der Mitarbeiter bearbeitet wird, oder auch eine Art Werkzeugkasten beteiligungsorientierter Instrumente analog zur Bertelsmann-Toolbox sind zwar denkbare Methoden, wenn das Unternehmen sich selbst hinsichtlich seiner Beteiligungsorientierung einschätzen und weiterentwickeln will. Vergleichbare und belastbare Ergebnisse können diese Methoden im Bereich beteiligungsorientierter Unternehmenskultur allerdings nicht bieten. Interessanter ist die Methode von Great Place to Work: Die repräsentative oder umfassende Befragung von Mitarbeitern wird hier kombiniert mit der Befragung von Personalverantwortlichen. Standardisierte Fragebögen werden mit offenen Fragen kombiniert, darüber hinaus werden Publikationen und andere Unterlagen der Unternehmen berücksichtigt. Bei der Entscheidung für eine bestimmte Methode bzw. einen Methodenmix für die Messung und Bewertung von beteiligungsorientierter Unternehmenskultur muss abgewogen werden, wie viel Aufwand – sowohl in der Erhebung, als auch in der Auswertung der Daten – realisti-

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scherweise betrieben werden kann, so dass das Instrument handhabbar ist und valide Ergebnisse produziert. Da es nicht in erster Linie um die Erfassung des Vorhandenseins von Instrumenten (beispielweise Arbeitszeitregelungen) geht, sondern um die Beteiligung der Mitarbeiter, spielen Werte, Wahrnehmungen und Einschätzungen eine große Rolle, die durch das reine Aufzählen von Maßnahmen und Instrumenten nicht erfasst werden können. Die Messung einer beteiligungsorientierten Kultur von Unternehmen muss die Prozesse erfassbar machen, die zu den vorhandenen Instrumenten und Maßnahmen geführt haben. Sie muss darüber hinaus die Einflussmöglichkeiten der Mitarbeiter auf die Nutzung und Handhabung der Instrumente und Maßnahmen abbilden. Dies kann nur gelingen, indem Wahrnehmungen und Einschätzungen bei den Mitarbeitern direkt abgefragt werden. Unverzichtbar ist dabei neben der direkten Befragung der Mitarbeiter die Einbeziehung der Ebenen Mitarbeitervertretung (Betriebsrat), Führungskräfte mit Personalverantwortung und Geschäftsleitung in die Erhebung.

Literatur
Bertelsmann AG (2005). Werkzeugkasten Unternehmenskultur. Gütersloh. Great Place to Work (2004). Deutschlands beste Arbeitgeber 2005. Fragebogen für Unternehmen, Köln. Great Place to Work (2004). Deutschlands beste Arbeitgeber 2005. Great Place to Work® Kultur-Audit©, Köln. Levering, R. (2000). A Great Place to Work: What Makes Some Employers So Good - and Most So Bad? San Francisco. Martins, E., Pundt, A. & Nerdinger, F.W. (2005). Mitarbeiterbeteiligung und Unternehmenskultur. Zum Konzept der Beteiligungsorientierung in Organisationen. Arbeitspapier Nr. 1 aus dem Projekt TiM, Universität Rostock. Sackmann, S. (2004). Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. Mit kulturbewusstem Management Unternehmensziele erreichen und Identifikation schaffen – 6 Best Practice-Beispiele. Wiesbaden: Gabler. Wolf, E. & Zwick, T. (2002). Produktivitätswirkung von Mitarbeiterbeteiligung: Der Einfluss von unbeobachteter Heterogenität. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 1, 35, 123 - 132.

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Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur: Konzept und Messung
Erko Martins Universität Rostock Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für ABWL: Wirtschafts- und Organisationspsychologie erko.martins@uni-rostock.de

1. Einleitung
Im Forschungsprojekt „TiM – Transfer innovativer UnternehmensMilieus“3 wird untersucht, welche Rolle eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur für Unternehmen spielt, die sich angesichts permanent verändernder Umweltbedingungen immer wieder anpassen und damit verändern müssen. Dadurch ausgelöste Wandelprozesse im Unternehmen, so genannte Transitprozesse, müssen effektiv und der Herausforderung angemessen gestaltet werden und zugleich möglichst zügig ablaufen, damit das Überleben des Unternehmens am Markt gesichert bleibt. Hierbei ist die Innovativität des Unternehmens gefragt, sowie der Wille und die Bereitschaft aller Mitarbeiter, die Veränderungsprozesse im Unternehmen aktiv und engagiert mitzugestalten und mitzutragen. Eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur mit attraktiven und innovativen Arbeitsformen kann – so die zentrale Forschungshypothese im Projekt TiM – die Voraussetzung dafür schaffen und den Unternehmen helfen, die ständig anstehenden Transitsituationen erfolgreich zu bewältigen. Diese Fragestellung wird im Projekt TiM in neun Partnerunternehmen empirisch untersucht. Das Sample der Unternehmen enthält Großunternehmen und KMU verschiedener Branchen. Alle Unternehmen befinden sich in einer spezifischen Transitsituation und gehen verschiedene, auf das Unternehmen und seinen Kontext abgestimmte Wege, diese Herausforderung zu meistern. In den Partnerunternehmen wird in einer Längsschnittstudie die Rolle der beteili3

Das Forschungsprojekt „TiM – Transfer innovativer UnternehmensMilieus“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01HY0347 gefördert.

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gungsorientierten Kultur bei der Bewältigung der Wandelprozesse systematisch untersucht. Die folgende Abbildung 1 verdeutlicht das gewählte Forschungsdesign.

Unternehmen vor dem Transit

Transit, Projekte in Unternehmen

Unternehmen nach dem Transit

• Unternehmenskultur • Umfeld • Beteiligungsstruktur

• Transitsituation • Unternehmensprojekte (Ziele und Maßnahmen)

• Unternehmenskultur • Beteiligungsstruktur • Projekterfolg

Interviews, Dokumentenanalyse, Mitarbeiterbefragungen

Abb. 1: Forschungsdesign im Projekt TiM Für diese empirische Untersuchung notwendig und zugleich ein zentraler Bestandteil der Forschung im Projekt TiM ist die Messung und Beschreibung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur in den Partnerunternehmen. Das zur Erhebung der Unternehmenskultur verwendete Instrumentarium basiert auf dem Konzept der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur, das im Projekt TiM entwickelt und im Folgenden in seinen theoretischen Grundlagen vorgestellt werden soll. Daran anschließend wird das Instrument zur Messung beschrieben und Ergebnisse aus der ersten Erhebung in den Unternehmen, d.h. zum Zeitpunkt „vor dem Transit“ (siehe Abbildung 1) vorgestellt. Es folgt schließlich eine zusammenfassende Betrachtung, die insbesondere in eine Darstellung weiterzuführender Forschungsaktivitäten mündet.

2. Theoretischer Rahmen
2.1 Unternehmenskultur: Definition und das Drei-Ebenen-Modell
In der Literatur findet sich eine Vielzahl verschiedener Definitionen der Unternehmenskultur. In der Organisationspsychologie wird meist die Definition von Edgar Schein (1995) verwendet, die auch der Arbeit im Projekt TiM zugrunde liegt. Danach ist die Unternehmenskultur ein „Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt“ (Schein, 1995; S. 25). Unternehmenskultur besteht im Grunde aus Werten, Ideen und Anschauungen, die die Mitglieder einer Kulturgemeinschaft – in diesem Falle einer

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Organisation bzw. eines Unternehmens – gemeinsam haben und die ihr Handeln in der Organisation bestimmen. Schein (1995) unterscheidet drei Ebenen der Unternehmenskultur: die Ebene der Artefakte und Schöpfungen, die Ebene der Werte und die Ebene der grundlegenden Annahmen (siehe Abbildung 2).

Artefakte, Schöpfungen
• Organisationsstruktur • Wiederkehrende Rituale • Sichtbare Verhaltensmuster

Sichtbar, aber oft nicht entzifferbar

Werte Werte

Höhere Ebene des Bewusstseins

Grundlegende Annahmen
• Beziehung zur Umwelt • Natur der Wirklichkeit, der Zeit, des Raumes • Natur der menschlichen Tätigkeit • Natur der menschlichen Beziehungen

Selbstverständlich, unsichtbar, vorbewusst

Abb. 2: Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur (in Anlehnung an Schein, 1995, S. 30) Artefakte und Schöpfungen sind nach außen sichtbare Elemente der Unternehmenskultur, wie z.B. die Struktur der Organisation, wiederkehrende Rituale, sichtbare Verhaltensmuster, aber auch die Architektur typischer Unternehmensgebäude, vorhandene einheitliche Firmenkleidung oder das Design und die Farbe der Produkte. Diese Aspekte der Kultur sind zwar für den Außenstehenden erkennbar, jedoch ist nicht immer entzifferbar, was beispielsweise der wahre Zweck, der Ursprung und der Grund für diese Erscheinungen ist. Auf der mittleren Ebene befinden sich in dem Unternehmenskulturmodell die vom Unternehmen bekundeten Werte und Wertvorstellungen. Sie kennzeichnen, was für das Unternehmen wichtig ist. Werte sind den Organisationsmitgliedern in der Regel nur auf einer höheren Ebene des Bewusstseins präsent. Schließlich verortet Schein auf der untersten Ebene des Kulturmodells die grundlegenden Annahmen. Sie beziehen sich z.B. auf das Verhältnis des Unternehmens zu seiner Umwelt oder kennzeichnen, was menschliche Beziehungen ausmacht. Diese Grundannahmen sind den Mitgliedern einer Kultur nicht bewusst, wenngleich sie ihnen doch selbstverständlich sind und von ihnen in der Regel nicht hinterfragt werden. Die grundlegenden Annahmen stellen nach Schein (1995) den eigentlichen Kern einer Unternehmenskultur dar und erklären die

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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vom Unternehmen bekundeten Werte und die Form der darauf aufbauenden sichtbaren Artefakte der Kultur. Besteht beispielsweise in einem Unternehmen die grundlegende Annahme, dass Menschen quasi von Natur aus vertrauenswürdig, fähig und bereit sind, gute Leistungen zu bringen, Leistungspotenzial haben und sich durch ihre Arbeit verwirklichen wollen, dann könnte sich das in dem vom Unternehmen bekundeten Wert „selbstständiges Handeln der Mitarbeiter“ niederschlagen. Die Selbstständigkeit der Mitarbeiter im Handeln wird in diesem Fall im Unternehmen als wichtig angesehen. Bei der Beobachtung des Unternehmens könnte dann ein Außenstehender möglicherweise partizipative Führungsstrukturen und vielfache Formen der Mitarbeiterbeteiligung als Artefakte der Kultur erkennen. In der genannten Definition der Unternehmenskultur setzt Schein (1995) den Fokus auf Probleme externer Anpassung und interner Integration. Externe Anpassung beschreibt, wie gut sich ein Unternehmen an die Veränderungen der Umweltbedingungen anpassen kann. Interne Integration kennzeichnet das Ausmaß, in dem das Unternehmen in der Lage ist, seine Kräfte auf die Erreichung der unternehmerischen Ziele hin zu bündeln und auszurichten. Die Idee dieser parallelen Aufgaben, – der Anpassung und Integration –, die ein Unternehmen zu erfüllen hat, greift Diether Gebert im Konzept der Offenheit und Geschlossenheit von Organisationen auf.

2.2 Offenheit und Geschlossenheit von Organisationen und ihre Innovativität
Idealtypisch lassen sich nach Gebert, Boerner und Lanwehr (2001) offene und geschlossene Organisationen u.a. durch folgende Merkmale unterscheiden (siehe Abbildung 3).

Offene Organisationen
• starke Dezentralisierung • geringe Formalisierung • Chancengleichheit • aktive Mitgestaltung • Initiative • Toleranz

Geschlossene Organisationen
• starke Zentralisierung • starke Formalisierung • Hierarchie • Stabilität • Orientierung

Abb. 3: Merkmale offener und geschlossener Organisationen (eigene Darstellung nach Gebert et al., 2001)

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur

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Offenheit und Geschlossenheit sind Merkmale der Unternehmenskultur, die entsprechend des Drei-Ebenen-Modells der Unternehmenskultur von Schein (1995) auf bestimmten Werten und Grundannahmen basieren. Offene Organisationen kennzeichnet auf der Ebene der Artefakte starke Dezentralisierung, flache Hierarchie und geringer Formalisierungsgrad. Alle Mitarbeiter haben die gleichen Chancen im Unternehmen. Der Mitarbeiter wird im Sinne einer Grundannahme als aktiv agierendes und gestaltendes Individuum gesehen. Die Welt wird als veränderbar und formbar betrachtet. Auch aktuell gültige Lösungen können modifiziert und neu gestaltet werden. Initiativen, selbstständiges Handeln und Engagement der Mitarbeiter werden als wichtig erachtet und gefördert. Die Pluralität der Meinungen ist ausdrücklich gewünscht, ebenso das Hinterfragen bestehender Strukturen und Prozesse. In geschlossenen Organisationen finden sich hingegen starke Hierarchien, eine starke Zentralisierung und Formalisierung. Stabilität und klare Orientierung werden als wichtig erachtet. Die Welt wird als gegeben und nicht veränderbar gesehen. Der Mitarbeiter wird als reagierendes, nach Vorgaben ausführendes und – überspitzt formuliert – unbedeutendes Wesen einer nach festen Regeln funktionierenden Gemeinschaft betrachtet. Internen und externen Veränderungsbestrebungen rufen Widerstände hervor. Bestehende Systemelemente und -prozesse gelten als unveränderbar und nicht zu hinterfragen. Alle unternehmerischen Kräfte werden auf die Erreichung eines klaren Zieles hin ausgerichtet. Eindeutige Vorschriften und Vorgaben sichern dies ab, davon abweichendes Verhalten wird nicht toleriert. In der Wirtschaftspraxis haben Unternehmen in der Regel Charakteristika sowohl offener als auch geschlossener Organisationen. Nach Gebert et al. (2001) sind sogar Elemente beider Idealtypen in einem Unternehmen notwendig, damit es handlungsfähig und zugleich flexibel ist. Je nachdem, welche Tendenz – eher offen oder eher geschlossen – gerade überwiegt, kann sich ein Unternehmen in einem gedachten Kontinuum zwischen den beiden polaren Ausprägungen „Offene Organisation“ und „Geschlossene Organisation“ einordnen. Auch kann sich im Zeitablauf der Grad der Offenheit bzw. Geschlossenheit eines Unternehmens verändern. Empirische Untersuchungen zeigen, dass der Grad der Offenheit mit der Innovativität eines Unternehmens zusammenhängt (Gebert et al., 2001). Bei steigender Offenheit ist auch ein Anstieg der Innovativität zu erkennen – jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Danach fällt bei zunehmender Offenheit die Innovativität wieder ab. Die Abbildung 4 veranschaulicht diesen Zusammenhang (siehe gestrichelte Linie).

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Innovativität einer Organisation

Öffnung bei gleichzeitiger Integration

Offenheit einer Organisation

Abb. 4: Zusammenhang zwischen Offenheit und Innovativität (eigene Grafik in Anlehnung an Gebert et al., 2001) Bei sehr großer Offenheit treten im Unternehmen vermehrt so genannte negative Sekundäreffekte auf, die für die Innovativität hinderlich sind. Hat ein Unternehmen beispielsweise eine sehr offene Kultur und lässt es die Meinungen, Ansichten und neuartige Ideen aller Mitarbeiter zu, können verstärkt Konflikte zwischen den Mitarbeitern auftreten. Langwierige Diskussionen, Verhandlungen und Abstimmungsprozesse sind gewöhnlich die Folge. Innovative Ideen der Mitarbeiter werden unter diesen Umständen nur langsam und mit hohen Kosten umgesetzt. In der Summe kann diese Situation die Innovativität der Organisation hemmen. Viele andere solcher Beispiele sind denkbar. Diese negativen Sekundäreffekte können nach Gebert et al. (2001) durch Maßnahmen der Integration abgepuffert werden. Dann kann bei zunehmender Offenheit des Unternehmens und gleichzeitiger Integration die Innovativität der Organisation gesteigert werden (siehe durchgezogene Linie in der Abb. 4). Integration kann durch die Herstellung bzw. Förderung von Konsens, Orientierung und Vertrauen erfolgen (Gebert et al., 2001). Maßnahmen der Integration sind z.B. die Erhöhung der Informationstransparenz oder das Definieren klarer Ziele, anhand derer alle Aktivitäten im Unternehmen gemessen werden können. Das schafft Einigungsfähigkeit (Konsens), gibt Orientierung für das Handeln und schafft Vertrauen. Konflikte können so schneller bewältigt oder gar vermieden werden.

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Es stellt sich angesichts der genannten, beispielhaften Einzelmaßnahmen zur Integration die Frage, wie in einem Unternehmen die Fähigkeit zur gleichzeitigen Öffnung und Integration sichergestellt werden kann. Wir vermuten, dass eine ganzheitliche Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligung hier eine Rolle spielen kann, die sich in einer beteiligungsorientierten Unternehmenskultur wiederfindet. Dieser Ansatz soll im Folgenden beschrieben werden.

2.3 Mitarbeiterbeteiligung und beteiligungsorientierte Unternehmenskultur
Mitarbeiter können auf verschiedene Weise am Unternehmen, in dem sie arbeiten, beteiligt werden (siehe Abbildung 5). Sie können zum einen materiell, d.h. finanziell am Kapital und/oder Erfolg des Unternehmens beteiligt werden. Beispiele für eine Kapitalbeteiligung sind Belegschaftsaktien oder GmbH-Anteile. Bei einer Erfolgsbeteiligung wird der Mitarbeiter beispielsweise am Gewinn, Ertrag oder an der Leistung des Unternehmens beteiligt. Darüber hinaus existieren Mischformen, wie z.B. Beteiligungen in Form von Aktienoptionen. Bei dem Einsatz materieller Beteiligungsformen sind verschiedenste Aspekte zu beachten, wie u.a. die Rechtsform des Unternehmens (vgl. hierzu auch Martins, Pundt & Nerdinger, 2005).

Mitarbeiterbeteiligung materiell Kapitalbeteiligung
Mitarbeiterdarlehen Stille Beteiligung Belegschaftsaktie GmbH-Beteiligung …

immateriell Sonstige Beteiligung
Aktienoptionen Virtuelle Aktien …

Erfolgsbeteiligung
Gewinnbeteiligung Leistungsbeteiligung …

Gesetzliche Mitbestimmung
Aufsichtsratsmitbestimmung Betriebsrat ...

Freiwillige Partizipation
Zielvereinbarungen Delegative Führung Formen der Zirkelarbeit Betriebliches Vorschlagswesen Mitarbeiterbefragungen Teilautonome Arbeitsgruppen ...

Abb. 5: Formen der Mitarbeiterbeteiligung (in Anlehnung an Martins et al., 2005, S. 10) Zum anderen können die Mitarbeiter immateriell am Unternehmen beteiligt werden. Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlicher Mitbestimmung und freiwillig vom Unternehmen eingeräumter Partizipation. Die gesetzliche Mitbestimmung unterteilt sich weiter in die Mitbestimmung auf der Unternehmensebene, z.B. durch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat und auf der betrieblichen Ebene. Von besonderer Bedeutung ist hier der Betriebsrat als repräsentatives Organ der Mitarbeiter. Freiwillige Partizipation kann über verschiedene Formen im Unternehmen umgesetzt werden. Beispiele hierfür sind Zielvereinbarungen, delegative Führung, Formen der Zirkelarbeit, betriebliches Vorschlagswesen, Mitarbeiterbefragungen oder teilautonome Gruppenarbeit (vgl. Martins et al., 2005).

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Wie kann Mitarbeiterbeteiligung gleichzeitig zur Öffnung und Integration beitragen? Am Beispiel (a) der Belegschaftsaktien als einer verbreiteten Form der materiellen Beteiligung, (b) des Betriebsrats als wichtiger Form immaterieller Mitbestimmung sowie (c) des betrieblichen Vorschlagswesens als Form der freiwilligen Partizipation sollen diese Zusammenhänge skizziert werden. a) Mit einer Belegschaftsaktie erwirbt der Mitarbeiter in der Regel gesellschaftsrechtlich zugesicherte und im Umfang definierte Kontroll- und Mitspracherechte am Unternehmen. Damit hat er Möglichkeiten, eigene Ideen, Vorschläge und Interessen in sein Unternehmen einzubringen und gegebenenfalls auch durchzusetzen. Somit kann die Beteiligung der Mitarbeiter über Belegschaftsaktien zur Öffnung beitragen. Gleichzeitig haben die am Unternehmen beteiligten Mitarbeiter gewöhnlich ein Interesse daran, den Wert ihrer Kapitalanteile zu erhalten und zu steigern. Diese Mitarbeiter haben also ein gemeinsames, klares Ziel und gemeinsame Interessen. Das kann Konsens, Orientierung und Vertrauen schaffen und damit zur Integration im Unternehmen beitragen. b) Der Betriebsrat hat aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorschriften je nach Sachverhalt im Unternehmen ein Mitsprache-, Mitbestimmungs- und/oder Initiativrecht. Er kann somit eigene Sichtweisen in das Unternehmen einbringen. Insbesondere nimmt er Anregungen und Forderungen der Belegschaft entgegen und kann den Arbeitgeber zur Durchführung entsprechender Maßnahmen veranlassen. Auch kann der Betriebsrat bestehende Prozesse und Strukturen hinterfragen und ggf. deren Veränderung forcieren. Er kann auch bei der Erarbeitung von Maßnahmen im Unternehmen mitarbeiten oder selbst Vorschläge dazu an das Management richten. Diese Beispiele verdeutlichen, dass der Betriebsrat durch seine Arbeit einen Beitrag zur Öffnung im Unternehmen leisten kann. Der Betriebsrat kann insbesondere zur Integration im Unternehmen beitragen, wenn er gegenüber dem Management eine kooperationsbereite Haltung einnimmt. Solche Betriebsräte kennzeichnen sich durch ihre Bereitschaft, konstruktiv gemeinsame Lösungen und Kompromisse zu suchen und unter Umständen auch Abstriche bei der Realisierung eigener Interessen hinzunehmen (Nienhüser, 2005). Damit unterstützt ein kooperationsbereiter Betriebsrat tendenzielle die Konsensfindung mit der Betriebsleitung und fördert somit die Integration. c) Das betriebliche Vorschlagswesen ist eine Plattform für Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter und trägt gerade dadurch direkt zur Öffnung bei. Durch seine Ausgestaltung, beispiels-

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weise durch das vorhandene und für alle geltende Reglement, welches die Grundlage für Annahme oder Ablehnung eines Vorschlags bildet, erfolgt Integration. Die Abbildung 6 fasst das öffnende und integrierende Moment für die drei dargestellten Formen der Mitarbeiterbeteiligung zusammen. Ähnliche Wirkungen hinsichtlich einer Öffnung und Integration im Unternehmen können auch für die übrigen Formen der materiellen und immateriellen Beteiligung erkannt werden (vgl. Martins et al., 2005).

Beteiligungsform Belegschaftsaktie

Öffnung Durch Kontroll- und Mitspracherechte aus der Beteiligung; Neue Ideen, Vorschläge von Mitarbeitern aus dem Interesse einer Erhöhung ihres Kapitalanteils

Integration Divergenz der Interessen der Mitarbeiter und des Managements bzw. der übrigen Unternehmenseigner bezüglich der Unternehmensziele bzw. Eigentümerziele sinkt, Konsens leichter möglich (Konsens); Orientierung durch gemeinsames Anstreben einer Optimierung des Wertes des Kapitalanteils (Orientierung)

Betriebsrat

Mitsprache-, Mitbestimmungs-, Initiativrecht bei betrieblichen Angelegenheiten Schaffung einer Plattform für Ideen und Verbesserungsvorschläge

Bündelung der Arbeitnehmerinteressen; als kooperationsbereiter Betriebsrat (Konsens) Festes Regelwerk bzw. feste Prozedur, nach der über Annahme oder Ablehnung eines Vorschlags entschieden wird (Konsens)

Betriebliches Vorschlagswesen

Abb. 6: Öffnung und Integration durch den Belegschaftsaktien, Betriebsrat und betriebliches Vorschlagswesen (Martins et al., 2005, S. 19) Setzt ein Unternehmen die Formen der Mitarbeiterbeteiligung nicht nur zur Lösung einzelner Probleme im Unternehmen ein, sondern ist die Beteiligung der Mitarbeiter in der Kultur des Unternehmens fest verankert, dann bezeichnen wir diese Kultur als beteiligungsorientierte

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Unternehmenskultur. Ein Unternehmen hat demnach eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur, wenn es a) die Formen der Mitarbeiterbeteiligung permanent, bewusst und bevorzugt einsetzt, um Probleme der Öffnung und Integration nachhaltig zu lösen und b) dieser Einsatz der Mitarbeiterbeteiligung im Sinne es überdauerndes Grundprinzips im Handeln des Unternehmens verankert ist (Martins et al., 2005). Diese Definition bildet die konzeptionelle Grundlage für die Entwicklung eines Messinstruments zur Erfassung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur. Wie ein solches Instrument ausgestaltet und im Projekt TiM eingesetzt wurde, wird im Folgenden dargestellt.

3. Messung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur im Projekt TiM
Zur Messung der Unternehmenskultur sind zwischenzeitlich viele Instrumente entwickelt worden. Für die Erfassung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur kann aber auf kein vorhandenes Instrument zurückgegriffen werden, ohne massive Anpassungen daran vorzunehmen.
Beteiligungsformen Charakter • materielle vs. immaterielle Beteiligung • direkte vs. indirekte Beteiligung • … • Partizipationsgrad (Informationen, Mitwirkung, Mitentscheidung usw.) • bezogen auf Arbeitsplatz, Abteilung oder Unternehmensebene • … • alle Mitarbeiter vs. ausgewählte (z.B. direkt betroffene) Mitarbeiter • kaufmännische vs. gewerbliche Mitarbeiter • …

Umfang, Inhalte

Gruppe der Beteiligten

Einsatz der Beteiligung Wie? • unternehmensweit vs. nur in bestimmten Unternehmensbereichen • nur auf Basis bestehender Gesetze, Regeln, Vereinbarungen vs. darüber hinausgehend je nach Situation und Bedarf an Beteiligung • … • • • • • • • • zur internenen Integration zur externen Anpassung Nutzung des Know-hows der Mitarbeiter Förderung der Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen Interessenausgleich zwischen Arbeit und Kapital Förderung von Flexibilität im Unternehmen zur Wahrung und Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften …

Warum?

Wann?

• dauerhaft • sporadisch, z.B. zur Krisenbewältigung, zur Lösung einzelner Probleme im Unternehmen • …

Kulturelle Verankerung Werte und Werthaltungen • Beteiligung als bedeutsamer Wert im Unternehmen? • Selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken als bedeutsamer Wert im Unternehmen? • … • Menschen werden als kompetent angesehen • Menschen werden als fähig angesehen, selbstständig und produktiv zu arbeiten • Menschen werden als bereit angesehen, ihr Wissen und ihre Kraft in die Belange des Unternehmens einzubringen • …

Grundannahmen

Abb. 7: Beispiele für zu erfassende Aspekte einer beteiligungsorientierten Unternehmenskultur

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Ausgehend von der genannten Definition einer beteiligungsorientierten Unternehmenskultur wurden im Projekt TiM vorrangig die in der Abbildung 7 dargestellten Aspekte mit einem Messinstrument erfasst. Zunächst galt es, die im Unternehmen vorhandenen Beteiligungsformen zu ermitteln, d.h. sie jeweils hinsichtlich ihres Charakters, Umfangs, Inhalts und der beteiligten Personengruppe zu beschreiben. Daraufhin wurde untersucht, wie, warum und wann die Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen eingesetzt wird, insbesondere ob sie dauerhaft und als bewusst gewähltes Instrument zur Bewältigung der Probleme interner Integration und externer Anpassung im Unternehmen verwendet wird. Schließlich wurde die kulturelle Verankerung der Mitarbeiterbeteiligung erfasst, d.h. es wurde untersucht, inwieweit die Beteiligung der Mitarbeiter im Unternehmen als wichtig erachtet wird bzw. inwieweit Mitarbeiter von den Organisationsmitgliedern grundsätzlich als fähig und willig angesehen werden, sich am unternehmerischen Geschehen zu beteiligen. Die Erfassung dieser Aspekte der Unternehmenskultur wurde nach dem Drei-Ebenen-Modell von Schein (1995) auf allen drei Ebenen vorgenommen: (a) auf der Ebene der Artefakte, (b) der Werte und Wertvorstellungen und (c) der grundlegenden Annahmen.

3.1 Erfassung der Artefakte
Im Unternehmen eingesetzte Formen der Mitarbeiterbeteiligung können im Sinne des DreiEbenen-Modells von Schein (1995) als Artefakte aufgefasst werden. Diese sind für den Außenstehenden, in diesem Falle den Forscher, durchaus erkennbar und sichtbar. Auch für die Mitarbeiter sind diese Artefakte deutlich und beschreibbar. Zur Erfassung dieser Artefakte waren verschiedene Methoden denkbar: z.B. die Beobachtung oder Befragung. Es hätte beispielsweise wissenschaftlich beobachtet werden können, wie Mitarbeiter im täglichen Arbeitsablauf beteiligt werden, beispielsweise an welcher Art der Entscheidung, wie intensiv usw. Darüber hinaus hätten Dokumente, wie z.B. Betriebsvereinbarungen, aktuelle Aushänge im Unternehmen oder die Website des Unternehmens, gesichtet werden können, in denen die praktizierten Formen der Beteiligung dargestellt sind. Damit hätte die Landschaft der Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen durchaus beschrieben werden können. Die Einstellung der Mitarbeiter und ihr Wissen über die Beteiligungsformen, inwieweit die Beteiligung als wiederkehrendes Prinzip zur Lösung von Problemen in Transitsituationen eingesetzt wird, wäre jedoch bei dieser Form der Datenerhebung im Dunkeln geblieben bzw. hätte durch das sehr beschränkte Blickfeld des Forschers und den Zeithorizont der Untersuchung nicht hinreichend erfasst werden können. Die Diskussion von Vor- und Nachteilen dieses Vorge-

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hens soll hier nicht vertieft werden. Dazu sei auf das Arbeitspapier von Pundt und Nerdinger (i.V.) verwiesen, das den Prozess der Entwicklung des Messinstruments „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ im Detail beschreibt. Im Projekt TiM wurde die Erhebung mittels halbstandardisierter Interviews gewählt, um Artefakte der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur der am Projekt beteiligten Unternehmen zu erfassen. Mittels einer Befragung von Organisationsmitgliedern wurde die Erhebung der vorhandenen Beteiligungsinstrumente vor dem Hintergrund des Wissens der Befragten durchgeführt. Darüber hinaus konnten die Einstellungen der Mitarbeiter zum Beteiligungssystem sowie die Intensität und Qualität der Beteiligung der Mitarbeiter im Zeitablauf und damit zu Zeiten verschiedener Krisensituationen erfasst werden. Nachfragen durch den Interviewer waren möglich, sodass darüber hinaus schwerpunktmäßig entscheidende, für das Unternehmen spezifische Aspekte der beteiligungsorientierten Kultur ermittelt werden konnten. Konkret wurden im Sinne der Definition der beteiligungsorientierten Kultur beispielsweise die folgenden Fragen im Interview gestellt:4 Wie werden Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen beteiligt? Seit wann werden sie beteiligt und wie hat sich die Mitarbeiterbeteiligung in der Vergangenheit in Ihrem Unternehmen entwickelt? Warum beteiligt man die Mitarbeiter bei Ihnen im Unternehmen? Diese Fragen förderten in den Interviews Erkenntnisse über die im Unternehmen existierenden Beteiligungsformen und deren Einsatz entsprechend der Abbildung 7 zutage. Insbesondere wurde deutlich, ob und welche Beteiligungsinstrumente dauerhaft im Unternehmen eingesetzt werden und inwieweit damit Integration und Öffnung erfolgen sollte und konnte. Zusätzlich wurden mit verschiedenen offenen und geschlossenen Fragen auch allgemeine Aspekte der Kultur der untersuchten Unternehmen erfragt, um ein abgerundetes Bild der Unternehmenskultur der Projektunternehmen zu erhalten. Die Abbildung 8 verdeutlicht beispielhaft die Operationalisierung auf der Ebene der Artefakte. Alle in den Interviews verwendeten Fragen finden sich im Anhang „Interviewleitfaden im Projekt TiM“, wobei die Ebene der Artefakte insbesondere in den Abschnitten A.2.4, A.2.6 und B des Leitfadens thematisiert wird.
4

Diese und weitere Fragen finden sich im Anhang „Interviewleitfaden im Projekt TiM“, Abschnitt B

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Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur Operationalisierung (Beispiele)

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Artefakte, Schöpfungen

• Ist Ihre Unternehmenskultur schriftlich fixiert? • Wie werden Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt?

Werte

• Welche Treffen/Veranstaltungen/ Feiern werden im Unternehmen regelmäßig durchgeführt? • Wie wird der Betriebsrat an Entscheidungen beteiligt? •…

Grundlegende Annahmen

Abb. 8: Beispiele für die Operationalisierung zur Erhebung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur auf der Ebene der Artefakte Darüber hinaus wurden Dokumente der Unternehmen gesichtet, in denen die eingesetzten Beteiligungsformen und -instrumente dargestellt wurden. Diese wurden zur ergänzenden Beschreibung der beteiligungsorientierten Kultur herangezogen.

3.2 Erfassung der Werte und Wertvorstellungen
Hinter dem Einsatz der Beteiligungsinstrumente im Sinne von Artefakten stehen dem Modell von Schein (1995) folgend bestimmte Werte und Grundannahmen, die den eigentlichen Kern der Unternehmenskultur ausmachen. Im Falle der Werte und Wertvorstellungen sind diese den Mitarbeitern nur wenig bewusst bzw. auf einer höheren Ebene des Bewusstseins vorhanden. Eine Beobachtung von Werten und Wertvorstellungen im Unternehmen wäre im Hinblick auf die bekundeten Werte beispielweise über eine Analyse von Dokumenten der Unternehmen möglich, wie z.B. von Unternehmensbroschüren über die Werte des Unternehmen oder von Leitbildern. Eine Selbstauskunft zu den Unternehmenswerten durch den Mitarbeiter ohne Unterstützung durch einen Interviewer, wie z.B. durch offenes, direktes Abfragen der Werte in einem schriftlichen Fragebogen, würde dagegen schwerlich zum Erfolg führen. Es war also ein geeignetes und praktikables Verfahren zu wählen. Im Projekt TiM erfolgte eine Erfassung der bekundeten Werte in Anlehnung an eine Technik von Rokeach (1973) über die Bildung von Werterangreihen durch die Interviewten. Der Interviewer überreichte den Interviewten jeweils 12 vorbereitete Kärtchen, auf denen verschiedene

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Werte standen. Die Interviewten wurden daraufhin gebeten, diese Werte in eine Rangreihe zu bringen, die der Wichtigkeit im Unternehmen entspricht. Die erstellten Rangreihen wurden jeweils erfasst (siehe Abbildung 9, ausführlich im Anhang „Interviewleitfaden im Projekt TiM“, Abschnitt A.2.3).

Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur

Operationalisierung (Beispiele)

Artefakte, Schöpfungen

Bitte Rangreihe nach Wertigkeit im Unternehmen legen: • Wechselseitiges Vertrauen
Werte

• Gutes Betriebsklima • Erhaltung des Unternehmens • Selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken •…

Grundlegende Annahmen

Abb. 9: Beispiele für die Operationalisierung zur Erhebung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur auf der Ebene der Werte Im Sinne der Untersuchung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur war hier von besonderer Bedeutung, welche Position die Werte „Beteiligung der Mitarbeiter“ und „selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken“ in den Rangreihen der Interviewten erhielten und wie stark die Übereinstimmung der Rangreihen innerhalb der Interviewten eines Unternehmens war. Daraus konnte abgeleitet werden, wie stark sich die Beteiligung der Mitarbeiter im Unternehmen – abgesehen von den spezifischen Artefakten, d.h. den vorhandenen Beteiligungsinstrumenten – bereits auf der Ebene der Werte manifestiert hat. Eine hohe Übereinstimmung den Werteranreihen der Interviewten eines Unternehmens kennzeichnet im Sinne des Übereinstimmungsausmaßes nach Heinen (1995) eine starke Unternehmenskultur. Sind hier die Werte „Beteiligung der Mitarbeiter“ und „selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken“ auf den vorderen Rangplätzen, so ist dies ein Indiz dafür, dass die Beteiligungsinstrumente im Unternehmen, vor allem aber die Idee der Mitarbeiterbeteiligung kulturell fest verankert sind. Ein niedriger Rangplatz der beiden Werte, die für die Bestimmung der Beteiligungsorientierung einer Unternehmenskultur von Bedeutung sind, lässt indes vermuten, dass eine starke kulturelle Verankerung der Idee der Mitarbeiterbeteiligung in den Unternehmen (noch) fehlt – selbst wenn viele Beteiligungsinstrumente auf der Ebene der Artefakte in der Organisation eingesetzt werden. Mit Hilfe der Werterangreihen,

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die die Interviewten erstellt haben, konnte diese Analyse mit Hilfe statistischer Methoden erfolgen.

3.3 Erfassung der grundlegenden Annahmen
Die Artefakte und Werte in einer Unternehmenskultur basieren nach Schein (1995) auf grundlegenden Annahmen. Diese sind den Mitgliedern der Organisation in der Regel nicht bewusst und werden nicht einmal hinterfragt. Schein (1995) empfiehlt zur Erhebung solcher Grundannahmen beispielsweise ausgedehnte tiefenpsychologische Interviews mit den Organisationsmitgliedern. Die breite Anwendung dieser vorgeschlagenen Vorgehensweise im unternehmerischen Kontext stößt schnell an ihre Grenzen. Akzeptanz und Praktikabilität dieser Methode sind aus Sicht der Unternehmenspraxis als gering zu betrachten. Daher wurde im Projekt TiM ein Assoziations- bzw. Reaktionsspiel durchgeführt, um diese grundlegenden Annahmen zu erfassen. Vorhandene Satzanfänge, die jeweils auf verschiedene Facetten der Grundannahmen abzielen, sollten möglichst schnell und ohne langes Überlegen durch den Interviewten beantwortet werden. Beispiele für derartige Satzanfänge finden sich in der Abbildung 10 (ausführlich im Anhang „Interviewleitfaden im Projekt TiM“, Abschnitt A.2.5). Die Antworten der Interviewten wurden jeweils aufgezeichnet.

Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur

Operationalisierung (Beispiele) Sätze bitte spontan ergänzen:

Artefakte, Schöpfungen

• Wer seinen Kollegen vertraut ist bei uns … • Gute Leistungen erreicht man bei uns durch …

Werte

• Mitarbeiter lassen sich motivieren durch … • Wer bei uns etwas bewegen will, der … • Unsere derzeitige Lage am Markt schätzen wir ein als … • …

Grundlegende Annahmen

Abb. 10: Beispiele für die Operationalisierung zur Erhebung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur auf der Ebene der Grundannahmen

3.4 Interviewter Personenkreis
Da die Unternehmenskultur definitionsgemäß von allen Mitgliedern der Organisation getragen wird, ist zu ihrer Erfassung im Idealfall eine Vollerhebung bei allen Mitgliedern des Unternehmens durchzuführen. Da ein Interview mit den dargestellten Inhalten im Durchschnitt

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eineinhalb bis zwei Stunden dauert, war von einer Vollerhebung aus Gründen der Ökonomie und der Akzeptanz der Forschungsarbeiten abzusehen. Stattdessen wurde die Erhebung an einer Stichprobe von Organisationsmitgliedern vorgenommen – ein Vorgehen, das in der Organisationspsychologie und auch in weiteren Forschungsrichtungen, wie z.B. der Marktforschung, üblich ist. Die Güte der Ergebnisse aus einer Stichprobenerhebung ist jedoch sehr davon abhängig, wie repräsentativ die untersuchte Stichprobe die Grundgesamtheit aller Organisationsmitglieder widerspiegelt. Um die Sichtweise der verschiedenen Akteure im Unternehmen in die Untersuchung einzubeziehen und damit ein möglichst reales Abbild der kulturell relevanten Phänomene im Unternehmen zu erhalten, wurde in allen Unternehmen die Stichprobe jeweils aus a) Führungskräften b) Personalern c) Betriebsratsmitgliedern in ihrer Position als Repräsentanten der Mitarbeiter gebildet. Dieses Vorgehen erfolgte im Sinne der Triangulation (Lamnek, 2004). In zwei Unternehmen wurden zudem auch Mitarbeiter interviewt. Die Interviews wurden von Projektmitarbeitern des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Rostock durchgeführt, mittels digitaler Diktiergeräte aufgenommen, transkribiert und anschließend ausgewertet. In acht Projektunternehmen wurden jeweils vier bis acht Personen interviewt. Die Interviews hatten eine durchschnittliche Länge von 85 Minuten. Erste Ergebnisse aus dieser Untersuchung werden im Folgenden skizziert.

4. Erste Ergebnisse
Nach der ersten Datenerhebung kann entsprechend des Forschungsdesigns des Projekts TiM noch keine Aussage über die Bedeutung der beteiligungsorientierten Kultur für die Bewältigung der anstehenden Transitsituation des Unternehmens getroffen werden. Daher soll im Rahmen dieser Ergebnisdarstellung der Fokus auf die wichtige Frage der Charakteristika einer beteiligungsorientierten Unternehmenskultur gesetzt werden. Konkret soll hier erörtert werden, was eine solche Kultur ausmacht und ob und worin sich die beteiligungsorientierte Kulturen der untersuchten Unternehmen voneinander unterscheiden. Eine Analyse auf der Ebene der Artefakte scheint für diese Fragestellungen wenig geeignet. Diese Ebene umfasst u.a. die konkrete Ausgestaltung der Beteiligungsinstrumente im Unternehmen, die von vielen unternehmensinternen, wie u.a. auch unternehmenskulturellen, aber

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auch von unternehmensexternen Aspekten beeinflusst wird. Solche externen Faktoren sind z.B. gesetzliche Vorschriften oder wirtschafts- und sozialpolitische Anforderungen an das Unternehmen. Diese Aspekte können anhand der Artefakte von den unternehmenskulturellen Einflüssen nur sehr schwer getrennt werden. Präzise Aussagen über die Beteiligungsorientierung der Kultur des Unternehmens sind daher auf dieser Ebene kaum möglich. Vielmehr soll die Analyse im Kern der Unternehmenskultur ansetzen, d.h. auf der Ebene der Werte und Wertvorstellungen, besser noch auf der Ebene der grundlegenden Annahmen. Die Erfassung der grundlegenden Annahmen über das beschriebene Assoziations- und Reaktionsspiel erfordert eine gesonderte komplexe inhaltsanalytische Auswertung sowie die Erarbeitung geeigneter Kriterien zur Systematisierung der Aussagen und birgt viel Raum für Interpretationen. Diese Untersuchung soll nicht Gegenstand dieses Beitrags sein. Hier soll vielmehr die Analyse der Ebene der Werte und Wertvorstellungen im Mittelpunkt stehen, die mittels Rangreihenbildung durch die Interviewten weitgehend standardisiert erfasst wurden und sich mit Hilfe statistischer Methoden systematisch auswerten lassen. Ein erster Schritt zur Auswertung der Werte und Wertvorstellungen ist die Ermittlung des Übereinstimmungsausmaßes (Heinen, 1995). Dazu wird mit Hilfe der Standardabweichung die Unterschiedlichkeit der Rangreihen berechnet, die von den Interviewten ein und desselben Unternehmens erstellt wurden. Eine hohe Streuung zeigt, dass die Organisationsmitglieder im Hinblick auf die 12 vorgelegten Werte wenig übereinstimmende Vorstellungen im Unternehmen haben. Dies kann als Indiz für eine schwache Unternehmenskultur verstanden werden. Eine geringe Streuung weist dagegen auf eine hohe Übereinstimmung und damit eine starke Unternehmenskultur hin. Am Median der ermittelten Übereinstimmungsausmaße der acht untersuchten Projektunternehmen wurden zwei Gruppen von Unternehmen gebildet: Unternehmen mit (a) schwacher und (b) starker Übereinstimmung. Anschließend wurde der Stellenwert der Beteiligungsorientierung untersucht. Die Basis dafür bildete pro Unternehmen der mittlere Rangplatz des Wertes „selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken“. Eine starke Bedeutung dieses Wertes weist darauf hin, dass die Partizipation der Mitarbeiter am Unternehmen eine große Rolle spielt, dass also im Unter-

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nehmen viel Wert auf die Beteiligung der Mitarbeiter gelegt wird und die Kultur des Unternehmens durch eine starke Beteiligungsorientierung gekennzeichnet ist. Der Wert „Beteiligung der Mitarbeiter“ erwies sich für diese Analyse hingegen als ungeeignet, da von den Interviewten z.T. unterschiedliche Inhalte damit verbunden wurden, was sich auch in der Position dieses Wertes in der Rangreihe widerspiegelte. Durch Nachfrage im Interview konnte beispielsweise erkannt werden, dass einige Interviewten mit dem Wert „Beteiligung der Mitarbeiter“ lediglich auf die Bedeutung der in ihrem Unternehmen nicht mehr vorhandenen finanziellen Beteiligung bezogen. Andere Interviewte (auch desselben Unternehmens) nahmen in ihre Urteile sowohl die finanzielle als auch die immaterielle Beteiligung auf. Für jedes Unternehmen mit einer starken Übereinstimmung der Rangreihen wurde der mittlere Rang des Wertes „selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken“ bestimmt. In Unternehmen mit einer geringen Homogenität in den bekundeten Werten wurde diese Untersuchung nicht durchgeführt. Der mittlere Rang des betrachteten Wertes geht in diesen Unternehmen mit einer tendenziell starken Streuung einher, die verhindert, dass aus den Rangreihen der Interviewten eine klare und einheitliche Aussage zur Beteiligungsorientierung getroffen werden kann. Ein hoher mittlerer Rang des Wertes „selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken“ wies auf eine hohe Beteiligungsorientierung der Kultur der untersuchten Unternehmen hin. Am Median des mittleren Rangplatzes dieses Wertes wurden diese Unternehmen erneut in eine Gruppe mit (a) geringer und (b) hoher Beteiligungsorientierung geteilt. So konnten drei Typen von Unternehmen identifiziert werden (siehe Abbildung 11 auf der nächsten Seite).

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Unternehmen

Starke Übereinstimmung

Schwache Übereinstimmung

Hohe Beteiligungsorientierung Unternehmenstyp „M“

Geringe Beteiligungsorientierung Unternehmenstyp „F“ Unternehmenstyp „I“

Abb. 11: Typologisierung der untersuchten Unternehmen In einem nächsten Schritt wurde untersucht, welche Gemeinsamkeiten die Unternehmen eines Typs jeweils haben und worin sie sich von den Unternehmen der übrigen Typen unterschieden. Als herausragendes Kriterium zur Beschreibung und Zuordnung der Unternehmen zu den Typen erwies sich der „Träger“ der Beteiligung: In den Unternehmen des Typs „M“ wird die Beteiligung von den Mitarbeitern getragen, d.h. die Mitarbeiter nutzen die Instrumente der Beteiligung von sich aus sehr stark und fordern die Mitarbeiterbeteiligung ein. Gegen geplante Einschränkungen der Beteiligung kämpfen sie aktiv an. Die Initiative zur Beteiligung geht also in erster Linie von den Mitarbeitern aus. Anhand ausgewählter Aussagen aus den Interviews der untersuchten Unternehmen dieses Typs soll das verdeutlicht werden:
Mitarbeiter: „[…] wir haben uns schon selber organisiert, wo wir meinen, dass es so am besten hinkommt. Und das funktioniert dann auch so. Wurde jetzt nicht von der Führungskraft vorgegeben: »Du machst jetzt das, du machst das.« Sondern das haben wir selber getan.“ Personaler zum Thema Mitarbeiterbeteiligung: „Ja, ich denke für die meisten Mitarbeiter, also vor allem für die, die auch schon länger hier sind, ist es völlig selbstverständlich, dass es so sein muss. Und die können sich gar nichts anderes vorstellen.“ Mitarbeiter: „Es ist nicht so, dass von der Geschäftsführung gesagt wird: »Ihr müsst dieses Ziel verfolgen«. Sondern wir müssen aus unserer Gruppe Ziele uns setzen, die wir geplant haben wollen.“

In den Unternehmen des Typs „F“ geht die Initiative der Mitarbeiterbeteiligung eher von den Führungskräften aus. Die Führungskräfte motivieren die Mitarbeiter, sich (noch mehr) am Unternehmen und seinen Prozessen zu beteiligen, und schaffen Möglichkeiten und Instrumente der Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen. Auch hier sollen ausgewählte Zitate diese Initiative illustrieren:

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Führungskraft: „[...] ich habe es in einigen Mitarbeitergesprächen auch vereinbart, dass ich einfach sage: »Ich möchte sie [als Mitarbeiter] mehr erleben und frage sie jetzt jede Woche, was sie für Ideen gehabt haben.« […]“ Führungskraft: „[…] ich finde das schlecht, dass das [Aktionen, Anstöße zur Ideeneinbringung] immer vom Vorstand kommen muss. [...] Ich finde es mühsam irgendwie, dass – wenn es nicht von oben kommt – dann sagen wir alle nichts.“

In Unternehmen des Typs „I“ geht die Initiative zur Beteiligung der Mitarbeiter in erster Linie von Institutionen aus. Diese sorgen für die aktive Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen, motivieren die Mitarbeiter, sich (intensiver) zu beteiligen, setzen sich die die Ausweitung der Beteiligung ein und kämpfen ggf. gegen Bestrebungen zur Einschränkung der Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen. Solche Institutionen können z.B. Betriebsräte oder Gewerkschaften mit erheblichem Einfluss auf das Unternehmen sein. Die Mitarbeiter selbst überlassen ihre Interessen zur Mitbestimmung und Mitwirkung überwiegend diesen Institutionen. Zur Veranschaulichung sollen die folgenden Zitate aus den Interviews dienen:
Mitarbeiter: „[Die Mitarbeiter] fühlen sich durch den Betriebsrat kompetent vertreten und erhoffen sich dadurch eine Schutzwirkung gegenüber den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen, die bei uns ins Haus stehen.“ Führungskraft führt Zitat eines Betriebsrates an: „Sie entscheiden hier gar nichts. Hier entscheidet der Vorstand, und der Vorstand entscheidet mit uns. Wir sind als Betriebsrat ja im Aufsichtsrat, und wir treffen hier die Entscheidungen. Sie entscheiden gar nichts.“ Betriebsratsmitglied: „Zu meinem Erschrecken ist die Mehrheit [der Mitarbeiter] der Auffassung: »Wir haben den Betriebsrat gewählt. Der hat jetzt unsere Interessen zu vertreten. Der macht das schon.« Und das merkt man auch da dran, dass dasselbe dann für Gewerkschaften und Tarifvertrag gilt. So nach dem Motto: »Was muss ich Mitglied werden? Wir haben da die Gewerkschaft. Die macht das schon.« […]“

5. Weitere Forschungsaktivitäten
Im Folgenden wird erörtert, welche weiteren Aktivitäten im Projekt TiM im Hinblick auf die beschriebenen Typologisierung der beteiligungsorientierten Kultur sowie auf Messung einer solchen Kultur unternommen werden.

5.1 Aktivitäten zur Typologisierung
Durch eine strukturierte Auswertung der Interviewdaten bezüglich der Ebene der Artefakte und der Grundannahmen sollen die drei erarbeiteten Typen von Unternehmen differenzierter beschrieben werden. Damit kann auf dieser empirischen Basis genauer spezifiziert werden,

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was eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur in der unternehmerischen Praxis kennzeichnet und wodurch sie identifiziert werden kann. Diese Erkenntnisse sind wichtig, um die Bedeutung der beteiligungsorientierten Kultur für die Bewältigung von Transitsituationen in den Projektunternehmen am Ende ihrer spezifischen Unternehmensprojekte präzise erkennen und beschreiben zu können. Nur wenn der Untersuchungsgegenstand, also die beteiligungsorientierte Kultur mit ihren Facetten und Ausprägungen klar abgegrenzt und erfasst werden kann, ist die Analyse der Wirkungen, die von einer solchen Kultur in Unternehmen ausgehen, möglich. Zugleich ist das eine zentrale Voraussetzung für die geplante Erarbeitung von Instrumenten und Maßnahmen, wie eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur gezielt gestaltet und gefördert werden kann. Good-Practice-Erfahrungen aus den spezifischen Projekten der Unternehmen im Projektverbund TiM sollen hierfür gesammelt und systematisch aufbereitet werden.

5.2 Weitere Aktivitäten zur Messung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur
Der beschriebene Ansatz zur Erfassung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur wurde in acht Unternehmen angewendet. Zahlreiche Erfahrungen im Umgang mit diesem Instrument konnten gesammelt werden. Diese sind systematisch aufzubereiten und zur Weiterentwicklung des Instruments zu nutzen. Grundsätzlich kann aufgrund der vorliegenden Daten festgehalten werden, dass sich das halbstandardisierte Interview mit Unternehmensvertretern in der beschriebenen Form als geeignet herausgestellt hat, viele Aspekte der Unternehmenskultur zu erfassen. Mit Blick auf die Abbildung 7 konnte für jedes Unternehmen im Rahmen einer Fallstudie ein breites Bild seiner Landschaft der Mitarbeiterbeteiligung erstellt werden. Sowohl die verwendeten Formen der Beteiligung als auch der je spezifische Einsatz im Unternehmen wurden umfassend ermittelt, wie eine Rückmeldung und Diskussion der Inhalte der Fallstudien jeweils mit Vertretern der untersuchten Unternehmen ergab. Bezogen auf die Erfassung der Kulturaspekte der drei Ebenen sind jedoch Unterschiede in der Güte der Daten festzustellen. Die Ebene der Artefakte konnte durch die Interviews sehr ausführlich abgebildet werden. Zum Teil ist der Umfang der Darstellungen aus den Interviews aber nur mit Mühe beherrschbar. Effizientere, eventuell standardisierte Methoden der Datenerfassung sind zur Kürzung dieses Datenerhebungsabschnitts dringend zu erarbeiten.

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Die Untersuchung der Werte und Wertvorstellungen in den Unternehmen durch die Erstellung von Rangreihen erwies sich als sehr effizient. Zu prüfen wäre die Messgüte dieser Methode, und zwar insbesondere, ob sich in größeren Stichproben bzw. mit anderen Organisationsmitgliedern die gleichen oder zumindest ähnliche Ergebnisse ermitteln lassen. Die Erfassung der Grundannahmen über das oben beschriebene Assoziations- bzw. Reaktionsspiel scheint im Grunde ein geeigneter Weg zu sein, die nicht bewussten Annahmen zutage zu fördern. Allerdings sind einige der verwendeten Satzanfänge zu überdenken und zu überarbeiten. Zum Teil waren Reaktionen der Interviewten unbrauchbar bzw. betrafen die Ebene der Werte oder Artefakte. Darüber hinaus ist zur Analyse der Reaktionen ein geeignetes und vor allem praktikables Kategoriensystem zu erstellen, das der Varianz der Aussagen der Interviewten gerecht werden kann und zugleich eine effiziente Analyse ermöglicht. Auch hier ist die Güte, insbesondere sind die Reliabilität und Validität des Messinstruments zu prüfen. Mit Blick auf die Definition der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur ist in den Untersuchungen der Schwerpunkt noch stärker auf die Prozesse der Öffnung und Integration durch die Mitarbeiterbeteiligung zur Lösung der Probleme der Anpassung und Integration zu legen. Außerdem sollte der Bezug der Mitarbeiterbeteiligung zur Innovativität des Unternehmens stärker berücksichtigt und im Interview beispielsweise die Frage gestellt werden: Welche Rolle spielt die Mitarbeiterbeteiligung zur Förderung der Innovativität Ihres Unternehmen?

5.3 Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“
Im Projekt „TiM – Transfer innovativer UnternehmensMilieus“ sollen diese Aktivitäten neben der Untersuchung der zentralen Forschungshypothese, inwieweit eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur den Unternehmen hilft, Transitsituationen erfolgreich zu bewältigen, in ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ münden. Dieses Audit soll den Unternehmen ein Instrument an die Hand geben, ihre eigene Kultur hinsichtlich ihrer Beteiligungsorientierung einzuschätzen, Stärken und Schwächen zu bestimmen und Maßnahmen zur Gestaltung und Förderung der Kultur zu erarbeiten. Der im Projekt TiM verwendete und hier beschriebene Ansatz zur Messung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur ist die Basis für das Audit. Er liefert Erkenntnisse, wodurch die beteiligungsorientierte Kultur gekennzeichnet und wie deren Erfassung und Abbildung möglich ist. Damit ist der Messansatz ein Ausgangspunkt für die Erarbeitung von Selbstdiagnoseinstrumenten und -methoden im Rahmen des Audits, der jedoch für die Ansprüche an ein Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ angepasst und erweitert werden muss.

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In der zweiten umfangreichen Datenerhebung in den acht Projektunternehmen ist entsprechend des vorgestellten Forschungsdesigns des Projekts TiM eine erneute Messung und Erfassung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur sowie der Maßnahmen und Ergebnisse der unternehmensspezifischen Projekte geplant. Daraus sollen die Wirkungen von konkreten, in der Praxis durchgeführten Maßnahmen zur Gestaltung der beteiligungsorientierten Unternehmenskultur beschrieben werden. Diese exemplarischen Maßnahmen und erprobten, praxisorientierten Instrumente sollen schließlich das Audit „Beteiligungsorientierte Unternehmenskultur“ komplettieren.

Literatur
Gebert, D., Boerner, S. & Lanwehr, R. (2001). Innovationsförderliche Öffnungsprozesse: „Je mehr, desto besser?“ Die Betriebswirtschaft, 61, 204-222. Heinen, E. (1995). Unternehmenskultur. München: Oldenbourg. Lamnek, S. (2005). Qualitative Sozialforschung. Lehrbuch. 4. Aufl., Weinheim: Beltz PVU. Martins, E., Pundt, A. & Nerdinger, F. W. (2005). Mitarbeiterbeteiligung und Unternehmenskultur. Zum Konzept der Beteiligungsorientierung in Organisationen. Arbeitspapiere aus dem Projekt TiM, Nr. 1, Universität Rostock. Nienhüser, W. (2005). Der Einfluss des Betriebsrats-Typs auf die Nutzung und Bewertung von Betriebsvereinbarungen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. Industrielle Beziehungen, 12, 5-27. Pundt, A. & Nerdinger, F. W. (in Vorbereitung). Entwicklung eines Interviewleitfadens zur Erfassung von Beteiligungsorientierung in Organisationen. Rokeach, M. (1973). The nature of human values. New York: The Free Press. Schein, E. H. (1995). Unternehmenskultur: Ein Handbuch für Führungskräfte. Frankfurt am Main: Campus.

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Anhang: Interviewleitfaden im Projekt TiM
A Unternehmenskultur A.1 Einstieg [Informationen vorweg:] ► kurze Vorstellung des Interviewers ► Knapper Abriss über die Ziele der Befragung: Bestandsaufnahme der Situation im Unternehmen speziell bezogen auf Unternehmenskultur und Beteiligung sowie auf Herausforderungen an das Unternehmen ► Aufzeichnung des Gesprächs auf Tonband/digitales Aufnahmegerät {Zustimmung erbitten} [Aufnahmegerät einschalten!] ► Anonymität der Daten keine personenbezogene Auswertung der Daten Äußerungen werden anonymisiert [Beginn des Interviews] ► Seit wann arbeiten Sie schon im Unternehmen? [auch für Stichprobenbeschreibung] ► Wie haben Sie das Unternehmen damals kennen gelernt? ► Was hat Sie an diesem Unternehmen (als Ihrem neuen Arbeitsgeber) gereizt? ► Können Sie sich noch an Ihren ersten Tag im Unternehmen und die Zeit unmittelbar danach erinnern? Wie war das für Sie? {Was haben Sie erlebt? Was ist Ihnen aufgefallen? Was hatten Sie erwartet? Was hat das Unternehmen getan, um Ihnen den Einstieg zu erleichtern?} A.2 Unternehmenskultur A.2.1 Allgemeine Fragen zur Unternehmenskultur ► Wenn Sie das Wesen Ihres Unternehmens in ein, zwei Worte fassen sollen – welche Worte (Subjektive, Adjektive, Verben etc.) würden Sie zum Charakterisieren nennen? Alternative – falls Frage zu schwer: ► Wie würden Sie einem Freund Ihr Unternehmen beschreiben? Die nächste Frage wird Ihnen vielleicht etwas seltsam vorkommen. Ich möchte Sie trotzdem bitten, mir bei ihrer Beantwortung behilflich zu sein. [Die nächsten Fragen zielen auf die Corporate Identity des Unternehmens] ► Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen wäre ein Auto, welches wäre es dann? [Hilfestellung: Marke, Alter, Zustand, Farbe] {Warum diese Marke/dieses Alter/etc.? Was bedeutet diese Marke für Sie? Ist das auch die Farbe des Unternehmens?} Alternative – falls diese Frage zu schwer: ► Hat Ihr Unternehmen eine Farbe?

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{Wenn ja, welche Farbe hat Ihr Unternehmen? Was bedeutet diese Farbe für Sie persönlich? Was verbindet man generell mit dieser Farbe} [Überleitung ] Jetzt wollen wir uns einmal in die Vergangenheit des Unternehmens anschauen… A.2.2 Unternehmensgeschichte, Historie ► Beschreiben Sie bitte ein oder zwei wichtige Ereignisse, die das Unternehmen und seine Kultur wesentlich geprägt haben. {Falls Probleme mit der Definition U-Kultur: Analogie bilden lassen Kultur der Deutschen, Kultur der Franzosen Übertragen auf ein Unternehmen} {Waren diese an bestimmte wichtige Personen gebunden?} [Falls nur positive Ereignisse geschildert werden:] ► Gab es schon einmal eine kritische oder bedrohliche Situation für das Unternehmen? {Wie hat man bemerkt, dass eine bedrohliche Situation vorliegt? Was ist dann passiert? Wie wurde mit der Situation umgegangen? Wie wurde sie bewältigt? Hat sich die Kultur des Unternehmens danach spürbar verändert? Wenn ja, wie hat sie sich verändert?} [Falls nur negative Ereignisse genannt werden:] ► Gab es auch positive Ereignisse, die das Unternehmen und seine Kultur geprägt haben? Welche? ► Woran sieht man noch heute die Auswirkungen dieser Ereignisse bzw. des Handelns dieser Personen? [Überleitung] Soviel zur Vergangenheit. Nun interessiert uns, wie es bei Ihnen im Unternehmen heute aussieht … A.2.3 Bekundete Werte Wir haben dazu eine kleine „Übung“ vorbereitet, um zu veranschaulichen, auf welche Dinge in Ihrem Unternehmen besonders großer Wert gelegt wird. Sie sehen hier diese 12 Kärtchen. Bitte bringen Sie sie in die Reihenfolge, die ihrer Wichtigkeit im Unternehmen entspricht. Überlegen sie bitte laut, während sie sie in Reihenfolge legen. • Wechselseitiges Vertrauen Nachfrage: Wie interpretiert? Vertrauen zwischen Mitarbeitern oder zwischen Führungskräften und Mitarbeitern? Gutes Betriebsklima Wohlbefinden der Mitarbeiter Leistung Selbstständiges Handeln und unternehmerisches Denken Gesellschaftliche Verantwortung auf Nachfrage: Umweltschutz, Engagement in der Region, etc. Beteiligung der Mitarbeiter Innovation Ökonomischer Erfolg Qualität der Produkte / Leistungen Kundenzufriedenheit Erhaltung des Unternehmens

• • • • • • • • • • •

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{Nachfrage: inwieweit identifiziert er/sie sich damit? Gibt’s noch andere?} [Beim Sortieren laut denken lassen bzw. nach Begründungen fragen.] [Kärtchen wieder einsammeln/zusammenlegen] [Überleitung] Nun soll der Unternehmensalltag im Mittelpunkt stehen… A.2.4 Artefakte

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Firmensprache ► Erzählt man sich in Ihrem Unternehmen typische Geschichten bzw. Anekdoten? Falls ja, welche typische Geschichte bzw. Anekdote erzählt man sich über das Unternehmen? {Zur Tradition des Unternehmens? Zu bemerkenswerten Taten oder Äußerungen einzelner Personen? ► Wann werden diese Geschichten erzählt? {Zu welchen Anlässen? Wem werden diese erzählt? Wer erzählt typischerweise?} [Falls hier nichts genannt werden konnte:] Riten, Rituale ► Welche Treffen/Veranstaltungen/Feiern werden im Unternehmen regelmäßig durchgeführt? [Hilfestellung: Weihnachtsfeier z.B.] {Treffen/Veranstaltungen/Feiern, die das Unternehmen typischerweise kennzeichnen! Wer nimmt an den jeweiligen teil? Was soll damit Ihrer Meinung nach erreicht werden? Was geschieht dort?} ► Stellen Sie sich vor, sie sind auf einer (externen) Party und wüssten, dass ein (ihnen unbekannter) Mitarbeiter Ihres Unternehmens im Raum ist. Woran würden Sie ihn am ehesten erkennen? A.2.5 Grundannahmen Wir haben noch eine weitere Übung vorbereitet. Vielleicht kennen Sie das aus dem ZDF: Ich lese Ihnen im Folgenden ein paar kurze Sätze vor. Diese Sätze sind nicht vollständig, d.h. ich werde Ihnen nur den Anfang der Sätze vorlesen. Ich bitte Sie, jeden Satz spontan zu Ende zu führen und zu vervollständigen. • • • • • • • • • • • • • • • Der Markt, auf dem wir uns bewegen, ist … Unsere derzeitige Lage am Markt schätzen wir ein als … Was uns von unserer Konkurrenz unterscheidet, ist … Die Trennung von Privat- und Berufsleben ist bei uns … Wer seinen Kollegen vertraut, ist bei uns … Wenn es in unserem Unternehmen keine klare Hierarchie (oder keine klaren Vorschriften, Regeln, Stellenbeschreibungen) gäbe, dann … Bei uns nimmt man nur den ernst, der … Erfolg ist bei uns das Ergebnis von … Gute Leistungen erreicht man bei uns durch … Mitarbeiter, die etwas bewegen wollen, gelten bei uns als … Wer bei uns etwas bewegen (oder verändern) will, der … Der ideale Mitarbeiter ist für uns … Die ideale Führungskraft ist für uns … Wenn ein Mitarbeiter bei uns etwas anders macht als üblich, dann … Wenn ein Mitarbeiter bei uns etwas nicht kann, dann …

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur
• • • • •

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Mitarbeiter lassen sich motivieren durch … (wenn „Geld“ als Antwort, dann „und?“ nachfragen) Wenn man als Führungskraft seinen Mitarbeitern vertraut, dann … Wenn man als Führungskraft seinen Mitarbeitern große Verantwortung überträgt, dann … Ob eine Vorgehensweise richtig oder falsch ist, erkennt man bei uns an … Die letzte Instanz bei der Entscheidung über grundlegende Fragen ist bei uns…

A.2.6 Allgemeine Fragen zur Unternehmenskultur [Überleitung] Jetzt habe ich noch einige Fragen zur Unternehmenskultur ► Was versteht man in Ihrem Unternehmen unter Unternehmenskultur? {Was ist eine gute Unternehmenskultur? Nachfrage: Ist das Ihre eigene Ansicht oder die allgemeine im Unternehmen? Je nachdem: Wie ist denn die Ansicht dazu allgemein im Unternehmen bzw. Ihre eigene Ansicht dazu?} {Nachfrage zur allgemeinen Ansicht: Woher kommt diese Vorstellung im Unternehmen? Teilen Sie diese Ansicht?} ► Ist Ihre Unternehmenskultur schriftlich fixiert? {Wenn ja, wo und wie?} {Gibt es ein Leitbild? Eine Firmenphilosophie? Verhaltenscodex? Führungslinien?} A.2.7 Gestaltung der Unternehmenskultur als Managementaufgabe Gestaltungsmaßnahmen durch das Management ► Ist es Ihrer Meinung nach Aufgabe des Managements, die Unternehmenskultur zu gestalten? {Falls nein: Warum nicht? Falls ja: kommt das Management dieser Aufgabe zufrieden stellend nach? Welche Strategie zur Unternehmenskultur hat das Management? Inwieweit wird eine solche Strategie aufgestellt und diskutiert? Wer bestimmt im Unternehmen die Inhalte, die Charakteristika dieser Strategie zur Unternehmenskultur?} {Wird die Unternehmenskultur regelmäßig eingeschätzt? Wenn ja: von wem (intern/extern)?} {Wer ergreift in der Regel die Initiative, wenn es um Fragen von Planung und Umsetzung der Gestaltung der Unternehmenskultur geht?} Vertrauen der Mitarbeiter ins Management des Unternehmens ► Was unternimmt das Management, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen/ aufrecht zu erhalten/zu erhöhen? B. Mitarbeiterbeteiligung und Unternehmenskultur B.1 Beteiligung(skultur) als Managementaufgabe [Überleitung] Ein Aspekt der Unternehmenskultur ist die Art und Weise, in dem Mitarbeiter an Ihrem Unternehmen beteiligt werden. ► Wie werden bei Ihnen die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt? [Wenn nur immaterielles genannt wird, nachfragen, ob es auch materielle gibt.]

Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur
► Bitte beschreiben Sie die Formen kurz! [Einige merken, um sie später aufzugreifen]

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[Überleitung] Eine Form der Beteiligung von Mitarbeitern in Unternehmen ist der Betriebsrat. Dazu einige Fragen: B.2 Institutionalisierte Beteiligung und Mitbestimmung ► Welchen Stellenwert hat der Betriebsrat/Personalrat bei Ihnen im Unternehmen? ► Wie wird der BR/PR an Entscheidungen beteiligt? {An welchen Entscheidungen wird der BR beteiligt? Wie lange im Voraus erhält der BR Informationen über anstehende Entscheidungen? Wie umfangreich sind diese Informationen an den BR?} ► Gibt es weitere formale/institutionalisierte Mitbestimmungsgruppen in Ihrem Unternehmen? {Wenn ja, welche? Gibt es in Ihrem Unternehmen z.B. einen Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretungen, einen Sprecherausschuss?} B.3 Materielles Beteiligungssystem ► Wie akzeptieren die Mitarbeiter das materielle Beteiligungssystem? {Gibt es auch Mitarbeiter, die es nicht gut finden? Wenn ja: Inwieweit ist aus Ihrer Sicht bei den Mitarbeitern die Ansicht verbreitet: (a) finanzielle Beteiligung bringt sowieso nichts / hat keinen Sinn? (b) finanzielle Beteiligung ist sinnvoll – jedoch nicht in dieser Form in diesem Unternehmen? Evtl. als Prozentzahl angeben lassen} ► Wie gut sind die Mitarbeiter über das materielle Beteiligungssystem informiert? [Aufbau, Abwicklung, Funktion, Wirkungsweisen, allgemeines Verständnis des Beteiligungssystems] {Was müsste unbedingt unternommen werden, damit die Mitarbeiter es besser verstehen?} [Kommunikation des Beteiligungssystems; offen – geheimnisvoll – verdeckt; Art, Qualität, Aktualität der Informationen an die Mitarbeiter; Prinzipien, Normen, Grundsätze der Informationsübermittlung] ► Gibt es feste Einrichtungen/Institutionen für die Diskussion von Problemen mit der materiellen Beteiligung? ► Wie gerecht finden die Mitarbeiter das Beteiligungssystem? Wie könnten Sie diese Antwort belegen? Gibt es dafür auch objektive Anzeichen? ► Was unternimmt das Management, um Gerechtigkeit im Beteiligungssystem zu gewährleisten? B.4 Beteiligung und Unternehmenskultur [Überleitung, Bezug zu den bereits genannten Partizipationsformen] Vorhin haben Sie einige Formen genannt, wie Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen an Entscheidungen und an Informationen beteiligt werden, z.B. … ► Gibt es noch weitere Formen, als die, die Sie schon genannt haben? {Bei Verständnisproblemen Beispiele nennen: • Zielvereinbarungen • Qualitätszirkel

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• • • Mitarbeiterbefragungen Betriebliches Vorschlagswesen Teilautonome Arbeitsgruppen}

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► Warum werden Mitarbeiter bei Ihnen an alltäglichen Entscheidungen/Informationen beteiligt? {Gab es vielleicht einen besonderen Anlass, warum diese Beteiligung an unternehmerischen Prozessen in Leben gerufen wurden und wann das geschehen ist?} ► Gibt es Formen der Beteiligung an Entscheidungen, die nicht in Ihre Unternehmenskultur passen? Warum passen sie nicht? {Wie müssten diese „unpassenden“ Formen geändert werden, damit sie ins Unternehmen passen würden? Welche Formen fehlen Ihrer Meinung nach?} ► Wie denkt die Unternehmensführung über Mitarbeiterbeteiligung? Wie der Betriebsrat? Wie das mittlere Management? Wie die Mitarbeiter? ► Wie stehen Sie persönlich zur Beteiligung der Mitarbeiter? {Wer profitiert am meisten von der Beteiligung? Wie würden die anderen (=entsprechend Betriebsrat/mittleres Management/Mitarbeiter) diese Frage beantworten?} ► Was würde passieren, wenn Mitarbeiter künftig nicht mehr an alltäglichen Entscheidungen beteiligt würden? {Falls nicht schon beantwortet: Was würde mit dem Unternehmen passieren? Was kurzfristig? Was langfristig?} C. Problemspezifischer Teil [Überleitung] Nachdem wir uns über Kultur und Beteiligung in Ihrem Unternehmen unterhalten haben, kommen wir zu der aktuellen Situation, in der sich das Unternehmen befindet. C.1 Transitsituation ► Wie würden Sie die Marktposition Ihres Unternehmens beschreiben? ► Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, vor der XY im Moment steht? {Warum hat XY gerade damit Probleme? Für wie bedrohlich halten Sie diese Sache?} ► Hat das Unternehmen bereits Erfahrungen mit ähnlichen Situationen? {Gab es etwas Vergleichbares in der Vergangenheit? Wenn ja, wie wurden Sie damit fertig?} ► Inwieweit kann Ihre Unternehmenskultur dazu beitragen, diese Herausforderungen zu meistern? {Welche Stärken weist Ihre Unternehmenskultur dabei auf? Welche Merkmale Ihrer Kultur sind dabei voraussichtlich von Nutzen? Welche Charakteristika Ihrer Unternehmenskultur wirken dabei eher hinderlich?} ► Inwieweit muss eine Anpassung Ihrer Unternehmenskultur erfolgen, um die Herausforderungen zu meistern? {Auf welchen Ebenen muss eine Anpassung/Modifikation der Unternehmenskultur besonders dringend und zielgerichtet erfolgen?} ► Was würde mit Ihrem Unternehmen passieren, wenn angesichts der Herausforderungen nichts getan würde? {Welche Aufgaben würden sich von selbst lösen? Was würde schlimmer werden?}

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C.2 Projektmaßnahmen [Überleitung] Im Projektverbund TIM führen die Unternehmen Maßnahmen zu verschiedenen Fragestellungen rund um Unternehmenskultur und Mitarbeiterbeteiligung durch. In Ihrem Unternehmen steht dabei folgende Themenstellung an: . Kennen Sie dieses Projekt genauer und könnten Sie uns dazu Fragen beantworten? {Wenn nein: OK. Sprung zu D – nächste Seite} ► Welchen Stellenwert messen Sie diesem Projekt bei? Welche Probleme soll das Projekt in Ihrem Unternehmen lösen? ► Welche Maßnahmen werden aktuell ergriffen, um die genannten Probleme zu bewältigen? Was sind die Ziele der Maßnahmen? {Wie werden diese Maßnahmen kommuniziert? Wer führt die Maßnahmen durch? Wer unterstützt? Woher kam die Idee, genau diese Maßnahmen durchzuführen? Wer hatte die Idee? Wie wurde über die Idee entschieden?} ► Hat man in der Vergangenheit bereits ähnliche Maßnahmen ergriffen? {Wenn ja, welche? Mit welchem Erfolg? In welcher Situation?} ► Wer (welche Abteilung) ist am stärksten von den Maßnahmen betroffen? {Für wen ändert sich etwas? Für wen sind diese Maßnahmen in erster Linie gedacht? Wer ist die Zielgruppe dieser Maßnahmen? Wer profitiert (tatsächlich) am meisten davon? (Wem schaden die Maßnahmen?)} ► Wer setzt sich besonders für die Maßnahmen ein? {Welche Gruppen nicht? Warum nicht? Wer trägt noch entscheidend zur Bewältigung dieser Herauforderungen und zum Gelingen des Projekts bei? In welcher Weise? Wer könnte den Erfolg des Projektes entscheidend behindern? Wodurch?} ► Wie weit sind Sie bei der Durchführung der Maßnahmen? Wie läuft es? ► Was müsste das Projekt bewirken, damit Sie persönlich es als Erfolg ansehen würden? D. Angaben zur Stichprobenbeschreibung Damit haben wir es fast geschafft. Damit wir unsere Stichprobe beschreiben können, benötigen wir noch drei Angaben zu Ihrer Person. ► Welche Position haben Sie im Unternehmen? ► Wie alt sind Sie?

► [selbst eintragen] Geschlecht des Interviewpartners

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