Idee
Die Analyse bezieht sich auf Daten einer Umfrage zur Produktivität bolivianischer Unternehmen die unter Mikro- und Kleinunternehmen im März 2007 durchgeführt worden ist. Dabei beschränkt sich die Erhebung auf Unternehmen innerhalb eines 10 km Radius zum Stadtzentrum und zum Finanzamt der vier größten Städte Boliviens: La Paz, El Alto, Santa Cruz und Cochabamba. Die daraus resultierende Stichprobe setzt sich aus 469 Unternehmen zusammen. Diese Erhebung beschränkt sich hierbei auf sechs Branchen, die einen großen Teil der selbstständigen Unternehmer und die allgemeine Wirtschaftsstruktur in Bolivien widerspiegeln. Dementsprechend wurde zwischen Unternehmen der Lebensmittel- und Bewirtungsindustrie, des Personen- und Frachttransports, der Bekleidungsproduktion aus Gewebe und Wolle, der Bekleidungsproduktion aus Wolle der Schwielensohler und zwischen Unternehmen der Holzfertigungen von Möbel unterschieden.
Die Stichprobe basiert ferner auf Daten des geographischen Informationssystems, die wiederum auf einer Vollerhebung aller wirtschaftlichen Betriebe in den benannten Städten im August 2005 beruhen. Durch die Daten der Transportindustrie zur Registrierung von Firmenwagen wurden jene zu einer umfassenden Auswahlgrundlage für städtische Gebiete ergänzt.
Die Erhebung wurde anschließend nach Städten und Unternehmensgröße getrennt. Mikrounternehmen setzen sich dabei aus weniger als fünf und kleine Unternehmen aus fünf bis 20 Arbeitnehmern zusammen. Die Probe unterteilt sich dabei fast gleichmäßig auf die vier Städte: die Lebensmittel-, Ernährungs- und Transportindustrie mit jeweils 20 Prozent, jeweils 15 Prozent die Holzfertigungen und Bekleidungsproduktionen aus Gewebe und Wolle, und die restlichen 10 Prozent nehmen die Bekleidungsproduktionen mit Schwielensohler-Wolle ein.
Methodik
Herleitung der Identifikationsstrategien
Die Entscheidung eines Unternehmens formal zu werden, lässt sich als Kosten-Nutzen-Problem darstellen. Profitorientierte Unternehmen werden sich demnach registrieren, wenn der daraus resultierende Nutzen die dafür anfallen Kosten übersteigt. Dies lässt mit folgender Gleichung zeigen:

Aus der Gleichung kann man ersehen, dass der Term in den Klammern (die Differenz zwischen dem Profit eines registrierten Unternehmens und dem Profit eines unregistrierten Unternehmens zum Zeitpunkt t) die Schlüsselgröße ist. So würden sogar die Unternehmen, für die es vorteilhaft wäre, sich registrieren zu lassen und eine NIT zu bekommen, weiterhin informal bleiben, falls die Kosten des Registrierungsverfahrens zu hoch sind. Im Falle Boliviens sind die monetären Kosten sehr gering, da die Registrierung selbst kostenlos ist. Es fallen lediglich die Kosten für die Vorbereitung der Dokumente an.
Analysiert werden soll zudem, ob die Kosten der aufgewendeten Zeit und der Informationsbeschaffung davon abhängen, wie weit eine Firma von der zuständigen Finanzbehörde entfernt ist und in welchem Umfang die Informationen über den Registrierungsprozess bereits vorhanden sind. Diese zwei Kriterien sollen die Identifikationsstrategie liefern.
Matching
Bei dem propensity score matching wird das Beta aus dem vorliegenden Datensatz geschätzt. Für jede Person des Samples wird dann aus den zu untersuchenden Eigenschaften ein Beta-Wert errechnet. Unterteilt wird die Untersuchungseinheit in eine Versuchs- und eine Kontrollgruppe. Es wird jeweils eine Person aus der Versuchsgruppe mit einer Person aus der Kontrollgruppe, die jeweils denselben Score-Wert hat, zusammengefügt und verglichen, um den Treatment-Effekt messen zu können.
Es liegt die Annahme zugrunde, dass Personen mit demselben Score-Wert sehr ähnliche Eigenschaften haben und deshalb dieses counterfactual gemessen werden kann.
Das Matching in unserem Fall besteht darin, die geografische Entfernung der Unternehmen bis zur Finanzverwaltung zu vergleichen, um daraus ersehen zu können, ob Unternehmen mit demselben Abstand zur Finanzverwaltung auch dieselben Informations- und Zeitkosten haben. Diese zwei Variablen spielen in dem Registrierungsprozess die Hauptrolle, da die Ausgaben für den Antrag selbst sehr gering sind und vernachlässigt werden können. Die Auswahl an Firmen ist so begrenzt worden, dass nur die Firmen im Umkreis von 10 km Entfernung von der Finanzbehörde in die Stichprobe aufgenommen worden sind. Die mittlere Entfernung liegt bei 3,1 km.
Die Annahme ist, dass von zwei Unternehmen, die von dem Stadtzentrum gleich entfernt sind, das Unternehmen über mehr Informationen bezüglich des Registrierungsprozesses verfügen wird, das sich näher an der Finanzbehörde befindet.
Ordinary-Least-Squares-Design (OLS-Design)
Die Methode der kleinsten Quadrate ist ein Instrument der Ökonometrie und versucht durch eine lineare Regression die Gerade möglichst gut durch die Punktwolke, welche sich durch abtragen der Ergebnisse aus einem Versuch in einem Zweidimensionalen Diagramm ergibt, zu legen. Möglichst gut bedeutet, die Gerade so zu legen, dass ein möglichst geringer Abstand zwischen den tatsächlichen Werten und den Werten der Gerade erzeugt wird.
In dieser Fallstudie ist die abhängige Variable der linearen Regressionsfunktion der Profit. Zum einen, da der Profit darüber entscheidet, ob man sich registriert oder nicht, und zum anderen, weil dieser leichter zu ermitteln ist als die Produktivität, welche man auch durch die Regression ermitteln möchte. Die Gleichung sieht wie folgt aus:

Der natürliche Logarithmus erspart hierbei das anschließende Umrechnen in einen Prozentsatz. Dabei ist die NIT eine Platzhaltervariable, die zum Einsatz kommt, sofern das Unternehmen i eine NIT hat.
Xi, Zi und Li stehen für Eigentümer, Unternehmen und Lage des Unternehmens i.
Da wahrscheinlich weitere Variablen existieren, die nicht beobachtet wurden, aber trotzdem eine hohe Wahrscheinlichkeit der Korrelation mit dem Profit besitzen und somit auch die Entscheidung über eine Registrierung beeinflussen können, instrumentalisieren die Autoren die NIT mit der logarithmierten Entfernung zur Finanzverwaltung.
Instrumentalisierte-Variable-Design
Bei dem IV-Design wird ein nicht ganz perfektes natürliches Experiment nachgestellt. Für die eventuell schlecht beobachtete Variable wird eine perfekte Variable eingesetzt. Natürlich muss vorab die Korrelation zwischen der nicht ganz perfekten und der perfekten Variable kontrolliert und ausgeschlossen werden. Des Weiteren darf das IV-Treatment nur die zu ersetzende unabhängige und nicht die abhängige Variable beeinflussen.
Die Abfolge des IV-Treatments lautet also wie folgt: zuerst wird kontrolliert, ob die Variable ersetzt werden darf. Wenn nichts entgegen spricht, wird die Variable ausgetauscht und anschließend wird erneut regressiert und untersucht, ob weiterhin ein signifikanter Zusammenhang gegeben ist.
Zur Instrumentalisierung der Variablen werden in der vorliegenden Fallstudie zwei verschiedene Methoden verwendet. Die erste ist die Two-Stage-Least-Square-Methode (2SLS.Methode) mit dem Vorteil, dass die Fehlerterme nicht summiert und infolgedessen die Ergebnisse nicht verfälscht werden. Die zweite Methode ist die Maximum-Likelihood-Schätzung, welche berücksichtigt, dass die NIT eine binäre Variable ist. In allen Fällen wird die Gleichung mit und ohne Berücksichtigung der Unternehmensgröße geschätzt.

Empirische Ergebnisse
Ergebnisse des Ordinary-Least-Squares -Designs
Aus dem OLS-Design wird ersichtlich, dass, wenn man nur die üblichen Charakteristika wie Alter, Geschlecht, Jahresanzahl der Schulausbildung betrachtet, ein starker positiver Zusammenhang zwischen einem höheren Unternehmensprofit und dem Besitzen einer NIT besteht. Dementsprechend hat man einen 53 Prozent höheren Profit, wenn man sein Unternehmen angemeldet hat.
Zieht man jedoch die statistisch signifikante Variable der Firmengröße zusätzlich mit heran, so verschwindet dieser Zusammenhang wieder. Denn nur große Unternehmen (fünf Mitarbeiter und mehr) sind profitabel genug, um von einer steuerlichen Registrierung zu profitieren.
Zur Beurteilung der Fähigkeiten des Unternehmers werden weitere Variablen in die Regressionsgleichung aufgenommen. Diese sind u.a. die schulische Ausbildung der Mutter, die Gründe einer Unternehmensgründung und der Index der Kinderarmut als Indikator für Wohlstand. Nimmt man diese Variablen hinzu, verringert sich der OLS-Schätzer von 53 Prozent auf 43 Prozent, sofern die Firmengröße nicht kontrolliert wird, und von 8 Prozent auf 1,2 Prozent, wenn diese kontrolliert wird. Daher kann man sagen, dass, wenn man die Eigenschaften der Unternehmer mit verschiedenen Variablen genau beschreibt, der Zusammenhang zwischen dem Profit und der Registrierung gleich Null ist.
Ergebnisse des Instrumentalisierte-Variable-Designs
Die Ergebnisse des IV-Treatments zeigen einen 88 Prozent positiven Zusammenhang zwischen dem Profit und der Registrierung. Demzufolge hat man einen 88 Prozent höheren Profit, wenn man sich für eine NIT registriert hat. Darüber hinaus zeigt das Design, dass es keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Unternehmern gibt. Des Weiteren zeigt es, dass der Profit um so höher ist, je leistungsfähiger ein Unternehmer ist, da fähigere Unternehmer natürlich einen höheren Profit generieren.
Betrachtet man die Auswahl des Firmensitzes, stellt man entgegen der Erwartung, dass registrierte Unternehmen näher an der Finanzbehörde sind, fest, das die Entfernung zur Finanzverwaltung keine Rolle spielt.
Da registrierte Unternehmen meist größere Unternehmen sind, kann gefolgert werden, dass diese deshalb so erfolgreich sind, weil sie von leistungsfähigeren Unternehmern geführt werden und deswegen auch die Distanz zur Finanzverwaltung keinen signifikanten Einfluss hat. Da in den betrachteten Gebieten die durchschnittliche Distanz zur Finanzverwaltung nur 1,4 km beträgt, hat diese Variable keinen Einfluss auf den Profit und auch nicht auf das Besitzen einer NIT. Daraus kann man schließen, dass die Distanz nur ein Zeitkostenfaktor ist.
Abschließend werden noch die Agglomerationseffekte zwischen benachbarten Unternehmen untersucht. Aus dem Matching ist bekannt, wie die Unternehmen zusammengeführt wurden. Allerdings kann man keine Agglomerationseffekte zwischen den Unternehmen feststellen, so dass die Variable keinen Einfluss auf das Vorhandensein einer NIT und den daraus resultierenden höheren Profit hat.
Ergebnisse der linearen Regression
Die lineare Regression weist keinen Zusammenhang zwischen NIT und erhöhtem Profit auf. Die Methoden der kleinsten Quadrate und die Maximum-Likelihood-Schätzung bestätigen außerdem diesen Zusammenhang. Somit ist es naheliegend, dass es Unterschiede in der Wirkung einer Registrierung auf die Unternehmen gibt. Dies lässt sich damit begründen, dass bei kleinen Unternehmen (bis zu einem Mitarbeiter) die Kosten, speziell die Zeitkosten und natürlich die Steuerzahlungen, höher sind als der Nutzen, den sie aus einer Registrierung ziehen können. Aber auch die Distanz zu einer Meldestelle bestimmt, ob die Unternehmer wissen, wie man sich anmelden kann und wo das nächste zuständige Finanzamt ist. Darüberhinaus gibt es auch Unterschiede bei den großen Unternehmen. Viele große Unternehmen sind nicht registriert, da sie von einem sehr fähigen Unternehmer geleitet werden. Denn er weiß das Unternehmen erfolgreich zu führen, ohne sich registrieren oder von einer zuständigen Behörde kontrollieren zu lassen. Ab sechs Mitarbeiter und mehr lohnt es sich nicht, sich steuerlich anzumelden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ergebnisse robust sind. Selbst wenn weitere Kontrollvariablen in der Regressionsgleichung betrachtet werden würden, bliebe der Zusammenhang zwischen dem Besitzen einer NIT und einem höheren Profit bestehen. Der größte Vorteil der Anmeldung, zumindest für die mittelgroßen Unternehmen (zwei bis fünf Mitarbeiter), ist die Möglichkeit, mehr Kunden durch steuerlich anerkannte Rechnungen zu gewinnen.
Schlussfolgerungen
Da die Unternehmen selbst ihren Status der Formalität wählen, stellt dies eine Herausforderung zur Identifikation der Auswirkungen einer NIT auf die Rentabilität dar. Ähnliche Unternehmen haben einen unterschiedlichen Zugang zu den Informationen des Registrierungsprozesses. Ebenso lässt diese Analyse eine Schlussfolgerung zu, dass die Entscheidung von der Entfernung zum Finanzamt beeinträchtigt wird und somit in einem unterschiedlichen Status endet, obwohl der gleiche erhebliche Nutzen aus einer steuerlichen Anmeldung generiert werden könnte.
Des Weiteren lassen sich Hinweise finden, dass sich die Auswirkungen einer steuerlichen Anmeldung zwischen den Unternehmen unterscheiden. Im Allgemeinen wirkt sie sich positiv auf den Unternehmensgewinn aus. Es lassen sich aber auch Belege finden, die eine heterogene Wirkung auf die Unternehmensrentabilität widerspiegelt. Während sich bei mittelständischen Unternehmen dieser Stichprobe die Rentabilität erhöhte, reduzierte sich diese in den Gruppen der kleinen und größeren Unternehmen. Inhaber größerer informeller Unternehmen - sechs Arbeitnehmer und mehr - weisen einen höheren Unternehmergeist auf als Inhaber steuerlich registrierter Unternehmen. Geringere Fähigkeiten der Inhaber informeller Unternehmen lassen sich nur in kleineren Betrieben finden. Dieses steht im Kontrast zu der allgemeinen Meinung.
Außerdem deutet diese Studie darauf hin, dass es für informelle Unternehmen, denen der Registrierungsprozess nicht bekannt ist, profitabel wäre, steuerlich angemeldet zu werden. Folglich wird die Notwenigkeit eines besseren Informationsangebots damit unterstrichen. Zusätzlich verdeutlicht sie den Bedarf einer Politik, die die Inhaber größerer Unternehmen mit mehr Nutzen aus einer steuerlichen Anmeldung bedenkt und mit strengeren Durchsetzungsregularien bereitstellt.

Literaturverzeichnis
Wissenschaftliche Publikationen
Mc Kenzie, David; sakho, Yaye Seynabou (2010): Does it pay firms to register for taxes? The impact of formality on form profitability, Journal of Development Economics, S.15-24
Steinke, Ines (1999): Kriterien qualitativer Forschung - Ansätze zur Bewertung qualitativ - empirischer Sozialforschung, Juventa Verlag, S. 131 ff

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[ 1 ]. vgl. Encuesta Productividad de Empresas, Mc Kenzie, David; sakho, Yaye Seynabou (2010), S. 16.
[ 2 ]. vgl. Mc Kenzie, David; sakho, Yaye Seynabou (2010), S. 18.
[ 3 ]. vgl. Mc Kenzie, David; sakho, Yaye Seynabou (2010), S. 20.