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Blue Ocean Strategie Und Das Geschäftsmodell

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Submitted By pevogt
Words 3935
Pages 16
- Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Lehrstuhl für Entrepreneurship

Seminar zur Geschäftsmodellanalyse

Thema:

Der Einfluss der Blue Ocean Strategy auf das Geschäftsmodell
Betreuer: Prof. Dr. Matthias Raith Dr. Christoph Starke Peter Vogt Sternstraße 25 39104 Magdeburg peter.vogt@student.uni-magdeburg.de 2.Semester BWL (Master) Magdeburg, 12.08.2011

I

Inhaltsverzeichnis
1 2 3 4 5 Einleitung ............................................................................................................ 1 Rekapitulation Blue Ocean Strategy ................................................................... 3 Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy ............................................... 6 Auswirkungen der Blue Ocean Strategy auf das Geschäftsmodell ................... 11 Fazit ................................................................................................................... 14

Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 16

II

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Business Model Canvas zur Visualisierung der Komponenten eines Geschäftsmodells .................................................................................................................................................... 2 Abb. 2: Strategy Canvas ............................................................................................................. 4 Abb. 3: Die zwei Seiten des Business Model Canvas ................................................................ 7 Abb. 4: Kombination aus umgedrehter Value Innovation-„Sanduhr“ und Four Actions Framework ................................................................................................................................. 7 Abb. 5: Business Model Canvas mit integrierten Blue Ocean Strategy-Frameworks ............... 7 Abb. 6: Das Business Model Canvas als Ausgangspunkt für das Strategy Canvas ................... 9 Abb. 7: Erstellung des Strategy Canvas m.H. des BMC am Beispiel von Cirque de Soleil .... 10

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Einleitung

Blue Ocean Strategy und Business Model Generation sind mit über 2 Millionen1 bzw. 100.0002 verkauften Exemplaren wahrscheinlich zwei der populärsten Bücher der BusinessLiteratur in den vergangenen 10 Jahren. Da liegt es nahe sich einmal mit beiden Konzepten und ihrer Verbindung zu beschäftigen. So soll das Ziel dieser Arbeit insbesondere darin liegen, herauszufinden inwiefern die Anwendung der Blue Ocean Strategie, das Geschäftsmodell, gemäß dem Geschäftsmodellansatz von Osterwalder und Pigneur, eines Unternehmens beeinflusst bzw. verändert. Um dies herauszufinden, sollen die Fallbeispiele, welche Kim und Mauborgne in ihrem gleichnamigen Buch Blue Ocean Strategy diskutieren, auf eine Veränderung des Geschäftsmodells hin überprüft werden. Dazu muss natürlich erst einmal geklärt werden, was das Geschäftsmodell ist. Nach Osterwalder und Pigneur erklärt das Geschäftsmodell wie ein Unternehmen Werte schafft, liefert und bewahrt.3 An dieser Definition ist bereits zu erkennen, dass Osterwalder und Pigneur die Wertschöpfung in den Mittelpunkt ihrer Auffassung des Geschäftsmodells stellen. Dies ist auch an dem Aufbau des Business Model Canvas (BMC), welches das zentrale Instrument des Geschäftsmodellansatzes darstellt, zu erkennen (siehe Abb. 1). Das BMC besteht aus insgesamt neun Blöcken, wobei sich in der Mitte der Block Wertschöpfung (Value Proposition) befindet und sich alle anderen Blöcke um diesen herum anordnen. Zu diesen zählen: Partner (Key Partners), Aktivitäten (Key Activities), Ressourcen (Key Resources), Kundenbeziehungen (Customer Relationships), Vertriebskanäle (Channels), Kundensegmente (Customer Segments), Ertragsströme (Revenue Streams) und die Kostenstruktur (Cost Structure) des Unternehmens. Somit befasst sich der Ansatz von Osterwalder und Pigneur mit der systematischen Darstellung der einzelnen Komponenten, die ein Geschäftsmodell - unabhängig von einer bestimmten Branche - ausmachen. Neben diesen neun Komponenten, identifizieren Osterwalder und Pigneur verschiedene Arten von Geschäftsmodellen (Patterns) wie z.B. das „Multi-Sided-Platform“- oder das „Freemium“-Modell. Somit soll zusätzlich untersucht wer-

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www.blueoceanstrategy.com [Stand: 05.08.2011]. www.businessmodelgeneration.com/book [Stand: 05.08.2011]. 3 Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.14.

1 Einleitung

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den, ob durch die Anwendung der Blue Ocean Strategy auch neue Oberkategorien von Geschäftsmodellen entstehen. Zur Vorgehensweise: Zunächst soll eine kurze Rekapitulation der wichtigsten Elemente und Frameworks der Blue Ocean Strategy erfolgen. Danach werden mögliche Verknüpfungspunkte beider Konzepte diskutiert. Da auch Osterwalder und Pigneur die Blue Ocean Strategy in ihrem Buch aufgreifen, soll ihre Sichtweise der Blue Ocean Strategy als Ausgangspunkt dieser Diskussion dienen. Dann folgt der Hauptteil dieser Arbeit, die die Frage beantworten soll, ob sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen, welche die Blue Ocean Strategy bereits angewendet haben, grundlegend verändert haben oder eine Anwendung der Blue Ocean Strategy sogar neue Arten von Geschäftsmodellen hervorbringt. Abschließend fasst ein Fazit die wichtigsten Punkte und Ergebnisse der Untersuchung zusammen.

Abb.

1: Business Model

Canvas zur

Visualisierung der

Komponenten eines Geschäftsmodells 4

4

www.businessmodelgeneration.com/canvas [Stand: 28.07.2011].

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Rekapitulation Blue Ocean Strategy

Der Begriff Blue Ocean Strategy leitet sich aus der Unterscheidung von zwei unterschiedlichen Arten von Märkten ab: Den roten Ozeanen, bei denen es sich um bereits bestehende Märkte mit hoher Wettbewerbsintensität handelt und den blauen Ozeanen, welche noch nicht erforschte, quasi konkurrenzfreie Märkte darstellen. Rote Ozeane sind weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass der bestehende Markt unter den Marktteilnehmern aufgeteilt ist und eine Ausweitung des eigenen Marktanteils nur zu Lasten eines Konkurrenten möglich ist. Mit zunehmender Anzahl an Marktteilnehmern sinkt zudem die Profitabilität jedes einzelnen Unternehmens.5 Im Vergleich dazu handelt es sich bei blauen Ozeanen um unangetastete Märkte auf Basis von latenten, unbefriedigten Bedürfnissen, die noch Raum für Wachstum lassen. Auch wenn diese hochprofitablen Märkte mit der Zeit zu weiteren Markteintritten führen, so weisen sie in ihrer Entdeckungsphase eine sehr niedrige Wettbewerbsintensität auf.6 Um diese unangetasteten Märkte zu erschließen, müssen sich Unternehmen bei der Formulierung ihrer Marktstrategie nicht an ihren Wettbewerbern orientieren, sondern an dem was für den Kunden Wert schafft.7 In diesem Zusammenhang sprechen Kim und Mauborgne von Value Innovation, wie der Name schon vermuten lässt einer Verbindung aus Wertschöpfung und Innovation. Die Idee dabei ist, dass das eine ohne das andere weniger Wert für den Kunden schafft, als eine Kombination aus beidem. So bewegen sich Wertsteigerungen, die nicht auf Innovationen beruhen, i.d.R. auf niedrigem Niveau und reichen daher nicht aus, um sich dem Wettbewerb zu entziehen und neue Märkte zu schaffen. Innovationen hingegen, die die Frage nach dem Wert der letztendlich geschaffen wird, ignorieren, sind ebenso wenig in der Lage blaue Ozeane zu erzeugen. Diese sind nach Kim und Mauborgne oft rein technologiegetrieben und vernachlässigen dabei den Kundennutzen, der am Ende über die Höhe der Zahlungsbereitschaft der Kunden entscheidet.8 Value Innovation steht für Kim und Mauborgne aber auch noch für etwas anderes: Anstatt sich entweder als Kosten- oder Leistungsführer zu positionieren, sollten Unternehmen versuchen beide Strategien simultan zu verfolgen, um für den Kunden den
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Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.4. Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.5. 7 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.12. 8 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.13.

2 Rekapitulation Blue Ocean Strategy

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größtmöglichen Nettonutzen zu realisieren.9 Um Wertinnovationen und somit neue Märkte zu schaffen, nutzen Kim und Mauborgne eine Reihe von Instrumenten, die in der Folge kurz beschrieben werden sollen. Als erstes wäre dort das Strategy Canvas zu nennen, welches zur Darstellung und Diagnose der aktuellen Strategie konkurrierender Unternehmen einer Branche dient und den Ausgangspunkt weiterer strategischer Handlungen markiert.10 Es soll verdeutlichen, welches die Faktoren sind, an denen sich die Unternehmen einer Branche messen und in die sie folglich investieren um eine bessere Wettbewerbsposition zu erreichen. Bei diesen Wettbewerbsfaktoren geht es um Kundenwerte, die in der Branche als selbstverständlich angesehen werden und auf die kein Unternehmen verzichten will. Dabei kann es sein, dass diese über die Zeit für den Kunden an Wert verloren haben und für die Kaufentscheidung gar nicht mehr relevant sind. Das Strategy Canvas selber, stellt sich als Diagramm dar, in dem auf der X-Achse die Wettbewerbsfaktoren aufgeführt sind und auf der Y-Achse deren Ausprägung d.h. ob das Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen viel oder wenig in diesen Faktor investieren (siehe Abb. 2). Auch der Preis ist in diesem Strategy Canvas aufgeführt, wobei ein hoher Preis gleichzeitig einem hohen Wert auf der Y-Achse entspricht. Für jedes Unternehmen lässt sich somit ein individuelles Strategieprofil erstellen und die Wettbewerbsposition innerhalb einer Branche bestimmen.11

Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5 Faktor 6
Abb. 2: Strategy Canvas

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ebenda Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.25. 11 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.27.
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2 Rekapitulation Blue Ocean Strategy

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Anhand der Strategieprofile ist es möglich die Grenzen einer Branche in denen sich die Wettbewerber bewegen und die es zu verschieben gilt, zu identifizieren. Gleichzeitig wird dadurch sichtbar, welche Probleme aktuell gelöst bzw. welche Bedürfnisse befriedigt werden und welche nicht.12 Im Sinne der Nutzentheorie, stellt jedes Strategieprofil ein bestimmtes Nutzenniveau für den Kunden dar, das sich aus der Summe der Einzelnutzen aus den Strategiefaktoren ergibt. Die Höhe des gestifteten Nutzens der jedem Strategiefaktor zuzuordnen ist, hängt von dessen Ausprägung ab, d.h. ob ihm im Strategy Canvas ein hoher oder niedriger Wert zukommt. Der Strategiefaktor Preis geht dabei negativ in die Summe ein, da er den Nutzen schmälert. Gemäß des Four Action Frameworks – eines weiteren Instruments im Rahmen der Blue Ocean Strategy - sollen Strategiefaktoren so reduziert, erhöht, eliminiert oder neu hinzugefügt werden, sodass der Gesamtnutzen für den Kunden maximiert wird. Dies basiert auf der Logik, dass z.B. bei einer Absenkung eines Strategiefaktors, gleichsam die Investitionen in ihn reduziert werden und somit Preissenkungen möglich werden. Dadurch nimmt einerseits zwar der Nutzen aus dem Strategiefaktor ab, jedoch erhöht sich andererseits auch der Gesamtnutzen, da der Kunde einen niedrigeren Preis entrichten muss. Im nächsten Kapitel soll näher beleuchtet werden, wie sich die Blue Ocean Strategy mit dem Geschäftsmodellansatz von Osterwalder und Pigneur verbindet. Da Osterwalder und Pigneur ebenfalls die Blue Ocean Strategy in ihrem Buch aufgreifen, sollen ihre Ausführungen als Ausgangspunkt dienen.

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Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.28.

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Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy

Osterwalder und Pigneur haben zwei Sichtweisen, wie sich die Blue Ocean Strategy mit ihrem Geschäftsmodellansatz verbindet. Ihr erster Ansatz basiert darauf, dass das Business Model Canvas aus zwei Seiten besteht: Der rechten Seite, die die wert- und kundenorientierte Seite darstellt, sowie der linken Seite, die kosten- und infrastrukturorientiert ist. Weiterhin ergänzen sie, dass Änderungen auf der einen Seite, Auswirkungen auf der anderen Seite haben (siehe Abb. 3).13 Wird z.B. ein Vertriebskanal eliminiert, so hat dies Auswirkungen auf Kosten, Aktivitäten und Ressourcen. Im nächsten Schritt legen Osterwalder und Pigneur eine Kombination aus umgedrehter Value Innovation-„Sanduhr“14 und Four Actions Framework (siehe Abb. 4) über das Business Model Canvas und erhalten ein Business Model Canvas, welches die beiden Frameworks der Blue Ocean Strategy enthält (siehe Abb. 5). Laut

Osterwalder und Pigneur ermöglicht dieses kombinierte Modell, die Auswirkungen einer Erhöhung, Reduzierung etc. einzelner Blöcke des Geschäftsmodells auf die anderen Teile des Geschäftsmodells, insbesondere auf Kosten und Werte, darzustellen. Hier werden Osterwalder und Pigneur ungenau und kombinieren nachlässig die Grafiken der beiden Modelle. Wie bereits erwähnt, sprechen sie von einer wert- und kundenorientierten, sowie einer kosten- und infrastrukturorientierten Seite, was sich noch nachvollziehen lässt. Jedoch diese beiden Seiten, den beiden Dreiecken der Value Innovation-„Sanduhr“ gleichzusetzen ist unpräzise, da das was Kim und Mauborgne als „Value“ bezeichnen am ehesten dem Block „Value Proposition“ des Business Model Canvas zuzuordnen ist und maximal die Blöcke Kundenbeziehung und Vertriebskanäle denkbar sind, da deren Ausgestaltung ebenfalls Nutzen für den Kunden stiften kann. Dort aber Ertragsströme und Kundensegmente aufzuführen ist nicht korrekt. Ähnlich verhält es sich mit den „Costs“, die am ehesten dem Block Kostenstrukturen angehören und jede andere Zuordnung ungenau ist.

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Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.228. Mit Value Innovation-„Sanduhr“ ist die aus zwei Dreiecken bestehende Abbildung gemeint, die Kim und Mauborgne auf S.16 ihres Buches verwenden, um die Idee der Value Innovation darzustellen.

3 Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy

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Abb. 3: Die zwei Seiten des Business Model Canvas15

Abb. 4: Kombination aus umgedrehter Value Innovation-„Sanduhr“ und Four Actions Framework

Abb. 5: Business Model Canvas mit integrierten Blue Ocean Strategy-Frameworks

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Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.228.

3 Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy

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Die zweite Sichtweise von Osterwalder und Pigneur bezüglich der Blue Ocean Strategy, erweitert die Idee, dass die Blöcke des Business Model Canvas als Ansatzpunkte für die Maßnahmen des Four Action Frameworks dienen können. So empfehlen sie drei mögliche Perspektiven: Die Kundensegmentperspektive, die Kostenperspektive und die Wertschöpfungsperspektive.16 Bei den beiden zuerst genannten Perspektiven fassen Osterwalder und Pigneur einzelne Blöcke zusammen, obwohl auch hier die Argumentation nicht einwandfrei ist. So lautet beispielsweise aus der Kostenperspektive die Frage, welche Aktivitäten, Ressourcen und Partnerschaften die höchsten Kosten verursachen und was bei einer Reduktion oder Elimination dieser geschieht. Hieraus stellt sich z.B. die Frage welche Kosten im Zusammenhang mit Partnerschaften gemeint sind und wie eine Reduktion/Elimination dieser zu Kostensenkungen führen sollen. Auch wenn Osterwalder und Pigneur manchmal ungenau in ihren Ausführungen sind, so gibt es eine wichtige Erkenntnis: Die Blöcke des Business Model Canvas können als Ansatzpunkte für das Four Actions Framework genutzt werden. Mehr noch, aus dem Business Model Canvas lassen sich die Wettbewerbsfaktoren für das Strategy Canvas ableiten (siehe Abb.

6). Dabei ist anzumerken, dass der Wertschöpfungsblock i.d.R. als Hauptquelle für die Strategiefaktoren fungiert. Da das Strategy Canvas zunächst die Strategiefaktoren erfasst, an denen sich die Wettbewerber messen und die als selbstverständlich angenommen werden, muss auch ein Business Model Canvas entwickelt werden, das den Branchenstandard repräsentiert. Um neu zu erschaffende Strategiefaktoren zu finden, kann zusätzlich das Business Model Canvas von alternativen Branchen genutzt werden. Dieses Vorgehen soll am Beispiel von Cirque de Soleil verdeutlicht werden (siehe Abb. 7). Zuerst wird das BMC der Zirkusbranche aufgestellt. Im Zentrum steht die Value Proposition, die beschreibt welches Problem gelöst oder welches Bedürfnis befriedigt wird. Im Falle eines Zirkus ist dies die Unterhaltung durch akrobatische und komische Einlagen mit Tieren und Artisten, die beim Publikum, vorrangig Familien mit Kindern, Spaß und Spannung hervorrufen sollen. Um dies zu ermöglichen müssen Shows entwickelt und einstudiert werden, was die Hauptaktivität eines Zirkus darstellt. Daneben kommt der Tierhaltung als eine weitere Aktivität, eine wichtige Bedeutung zu. Als Schlüsselressourcen sind vor allem die einzelnen Akteure wie Akrobaten, Clowns und Zauberer anzusehen. Daneben spielt das Equipment wie z.B. das Zelt oder die Logistik eine wichtige Rolle. Die genannten Aktivitäten und Ressourcen erzeugen auch dabei auch den Großteil
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Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.231.

3 Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy

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der Kosten. Demgegenüber stehen die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten und den Verkäufen während der Veranstaltung. Aus diesem Business Model Canvas können nun die Strategiefaktoren für das Strategy Canvas entnommen werden, indem man sich die Frage stellt, welche der Faktoren in der Branche als gegeben angenommen werden. Im Falle der Zirkusindustrie sind das z.B. Star-Akrobaten oder Tiershows. Weiterhin stellen Reihenverkäufe und multiple Bühnen zusätzliche Standardelemente der Branche dar.17

Abb. 6: Das Business Model Canvas als Ausgangspunkt für das Strategy Canvas

Aus dem Business Model Canvas der Theaterbranche werden dann neu zu erschaffende Strategiefaktoren entnommen. Somit wird in jeder Show von Cirque de Soleil ein bestimmtes Thema verarbeitet, so wie es auch bei Theater- und Opernstücken der Fall ist. Genauso wie es im Theater verschiedene Stücke gibt, so gibt es bei Cirque de Soleil auch verschiedene Shows. Zusätzlich wurden musikalische sowie tänzerische Elemente des Theaters für die
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Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.14.

3 Geschäftsmodellansatz und Blue Ocean Strategy

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Shows übernommen. Wie erkennbar ist, resultieren viele der Strategiefaktoren aus dem Wertschöpfungsblock, was an der Tatsache liegt, dass sowohl die Strategiefaktoren, als auch der Inhalt des Wertschöpfungsblocks beim gestifteten Nutzen anknüpfen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich das Business Model Canvas gut dazu eignet, eine erste Idee davon zu bekommen, welches die Strategiefaktoren für das Strategy Canvas sein könnten, um im Anschluss weiter mit den anderen Frameworks der Blue Ocean Strategy zu arbeiten.

Abb. 7: Erstellung des Strategy Canvas mit Hilfe des BMC am Beispiel von Cirque de Soleil

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Auswirkungen der Blue Ocean Strategy auf das Geschäftsmodell

Wie gezeigt wurde, können aus dem BMC die Strategiefaktoren, welche im Rahmen der Blue Ocean Strategy reduziert, erhöht, eliminiert oder erschaffen werden, bestimmt werden. Durch die Veränderung der Strategiefaktoren werden somit auch Änderungen an den Blöcken des BMC, denen die Strategiefaktoren entsprungen sind, vorgenommen. In den meisten Fällen werden die Strategiefaktoren aus der Value Proposition resultieren, wie schon am Beispiel von Cirque de Soleil deutlich wurde. Veränderungen an der Value Proposition haben aber i.d.R. Auswirkungen auf die anderen Blöcke des Geschäftsmodells. Somit kann die Frage, ob die Anwendung der Blue Ocean Strategy das Geschäftsmodell ändert, mit ja beantwortet werden. Darüber hinaus bleibt die Frage offen, ob durch die Anwendung der Blue Ocean Strategy auch neue Arten von Geschäftsmodellen entstehen. In diesem Kontext soll für das Entstehen neuer Arten von Geschäftsmodellen auch der Begriff der Geschäftsmodellinnovation gebraucht werden, worauf am Ende noch einmal näher eingegangen werden soll. Mit Geschäftsmodellarten sind die von Osterwalder und Pigneur in ihrem Buch beschriebenen Patterns gemeint.18 Schaut man sich diese Patterns genauer an, so kann man erkennen, dass sich die unterschiedlichen Geschäftsmodellarten insbesondere durch die Form wie sie Gewinn erzielen, unterscheiden. Jede Form der Gewinnerzielung äußert sich dabei durch eine individuelle Anordnung der Zahlungsströme. Anders gesagt, verdeutlichen die Zahlungsströme an welcher Stelle bzw. womit das Unternehmen seinen Gewinn erwirtschaftet. Dies ist ja auch eine der Kernfragen, die das Geschäftsmodell beantwortet: Wie verdient das Unternehmen Geld? Das kann manchmal ganz trivial, manchmal aber auch erst auf den zweiten Blick erkennbar sein. Nehmen wir das Multi-Sided Platform-Modell, unter das zum Beispiel auch das Geschäftsmodell von Google fällt. Zum einen ist die Websuche für Websurfer kostenlos, was einem Zahlungsstrom der Höhe 0 entspricht (genauso könnte Google dafür auch eine Gebühr erheben). Diese kostenlose Leistung wird auf der anderen Seite durch einen Zahlungsstrom kompensiert, der aus den Keyword-Auktionen generiert wird. Dieser wiederrum wird erst
18

Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.52-119.

4 Auswirkungen der Blue Ocean Strategy auf das Geschäftsmodell

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dadurch ermöglicht, dass viele User die kostenlose Websuche nutzen und die Seite somit für werbende Unternehmen interessant wird.19 Im Grunde stellen die Multi-Sided PlatformModelle eine Unterkategorie zu den FREE-Geschäftsmodellen dar. Diese FREEGeschäftsmodelle sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass eine Kundengruppe eine Leistung kostenlos oder zumindest zu „subventionierten“ Preisen erhält. Zu den FREEGeschäftsmodellen gehören neben dem Multi-Sided Platform-Modell (Spielekonsolen, Apple iPod/iPhone) auch noch das FREEMIUM- (Skype, Flickr) und das Bait & Hook-Modell (Gilettte).20 Auch diese Modelle zeichnen sich durch die Besonderheit ihrer Zahlungsströme aus. Beispielsweise findet sich im FREEMIUM-Modell auch ein Zahlungsstrom in Höhe von 0 für die kostenlose Leistung und ein Zahlungsstrom größer 0 für das Premiumangebot. Im Falle von Skype wäre dies die kostenlose Internettelefonie von Computer zu Computer und als kostenpflichtiges Premiumangebot das Anwählen von Mobilfunk- und Festnetznummern.21 Im Bait & Hook-Modell dagegen erwirbt der Kunde eine vergünstigte Erstausstattung, wodurch ein erster Ertragsstrom entsteht, der jedoch nicht die Kosten der Bereitstellung der Erstausstattung deckt. Damit das Geschäftsmodell profitabel ist, wird der erste Zahlungsstrom durch einen weiteren ergänzt, der durch den Wiederkauf eines bestimmten Elements der Erstausstattung entsteht. So zum Beispiel bei Gillette Nassrasierern, wobei das Handstück im Vergleich zu den Klingen relativ günstig ist, der Kunde sich aber durch dieses auf den Kauf von Gillette-Klingen festlegt. Die Ausgangsfrage, ob die Blue Ocean Strategy neue Arten von Geschäftsmodellen erzeugt, kann somit spezifiziert werden: Ändert die Blue Ocean Strategy die Systematik der Zahlungsströme eines Geschäftsmodells? Oder anders gefragt: Verschiebt die Blue Ocean Strategy die Hauptgewinnquelle eines Unternehmens? Dazu wurden im Rahmen dieser Arbeit die Beispiele von Kim und Mauborgne auf eine Verlagerung der Hauptgewinnquelle analysiert, wobei nachfolgend einzelne Beispiele diskutiert werden sollen. Obwohl die Blue Ocean Strategy viele Bereiche eines Unternehmens anspricht, liegt das Hauptaugenmerk der nachfolgenden Betrachtungen auf den Zahlungsströmen, wie vorher erläutert wurde. Begonnen werden soll mit Cirque de Soleil: Als Paradebeispiel für die Erschließung eines Blue Oceans hat Cirque de Soleil durch das Integrieren von Theaterelementen die Zirkusindustrie revolutioniert.22 Traditionell gibt es nach Kim und

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Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.80-81. Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.90. 21 Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.98. 22 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.16.

4 Auswirkungen der Blue Ocean Strategy auf das Geschäftsmodell

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Mauborgne in einem Zirkus zwei Zahlungsströme, den aus dem Ticketverkauf und den aus den Verkäufen von Getränken und Snacks auf den Rängen während der Veranstaltung. Was änderte Cirque de Soleil daran? Es schaffte zum einen die Reihenverkäufe ab, nutzte aber weiterhin den Verkauf von Tickets zur Umsatzgenerierung, d.h. obwohl ein Zahlungsstrom eliminiert wurde, blieb der Einnahmeschwerpunkt, die Tickets, erhalten. Ähnlich bei [yellow tail], einer australischen Weinmarke, die sich in wenigen Jahren zu einer der Stärksten auf dem amerikanischen Markt entwickelt hat.23 Obwohl [yellow tail] einige für die Branche als grundlegend angesehene Elemente wie Reifequalität, große Auswahl und die Bedeutung des Weinguts radikal veränderte24, blieb die Systematik der Zahlungsströme und der Gewinnschwerpunkt erhalten: Ertragsströme aus den Weinverkäufen und demgegenüber stehende Abflüsse aus der Produktion des Weines. Ein weiteres Beispiel von Kim und Mauborgne ist NetJets. NetJets bietet seinen Kunden die Möglichkeit einen Teil an der Nutzung eines Privatjets zu erwerben. Die Idee ist, sich zwischen dem Business Class-Angebot der Fluglinien und dem Erwerb eines unternehmenseigenen Jets zu positionieren.25 Somit teilen sich 16 Kunden einen Jet und tragen jeweils 1/16 der Kosten. Im Prinzip funktioniert NetJets wie ein Verleiher von Privatjets, der die Wartung und den Betrieb der Flugzeuge übernimmt und gegen eine Gebühr den Jet an mehrere Nutzer verleiht. Das Geschäftsmodell des Verleihs ist dabei nicht neu, dessen Anwendung auf den Bereich der geschäftlichen Flugreisen wahrscheinlich schon. Vielmehr handelt es sich um die Anwendung einer bereits bekannten Art von Geschäftsmodell auf eine neue Branche, was aber noch keine Geschäftsmodellinnovation darstellt. Insgesamt konnte bei der Untersuchung der Fallbeispiele von Kim und Mauborgne kein Fall entdeckt werden, bei dem durch die Anwendung der Blue Ocean Strategy eine neue Oberkategorie von Geschäftsmodellen geschaffen wurde. Somit muss die Frage ob es im Rahmen der Blue Ocean Strategie zu Geschäftsmodellinnovationen kommt, verneint werden. Kim und Mauborgne erwähnen in ihrem Buch ja selber, dass das Geschäftsmodell durch Preissetzung und die richtigen Kostenstrukturen dafür zu sorgen hat, dass die Blue Ocean Initiative langfristig profitabel ist, aber nicht der Kern der Blue Ocean Strategy ist.26

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Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.31. Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.33. 25 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.50. 26 Vgl. Kim/Mauborgne (2005), S.119.

5

Fazit

Als erstes kann festgestellt werden, dass es eine sinnvolle Verbindung zwischen der Blue Ocean Strategy und dem Geschäftsmodellansatz von Osterwalder und Pigneur gibt. Diese Verbindung besteht darin, dass das Business Model Canvas dazu eingesetzt werden kann, mögliche Strategiefaktoren für das Strategy Canvas der Blue Ocean Strategy zu identifizieren. Der Geschäftsmodellansatz von Osterwalder und Pigneur kann somit als Ausgangspunkt für eine Blue Ocean Initiative dienen. Darauf aufbauend liefert die Blue Ocean Strategy dann Maßnahmen bezüglich der Veränderung einzelner Blöcke des Geschäftsmodells bzw. Strategiefaktoren. Dies hat unmittelbar zur Folge, dass sich das Geschäftsmodell eines Unternehmens, wie es von Osterwalder und Pigneur definiert ist, auch verändert. Die Untersuchung hat aber auch gezeigt, dass Geschäftsmodellinnovationen im Sinne einer Erschaffung von neuen Geschäftsmodellarten, nicht das Ergebnis der Blue Ocean Strategy sind. Vielleicht ist es aber auch nur eine Frage der Definition von Geschäftsmodell. Zur Erinnerung, nach Osterwalder und Pigneur erklärt das Geschäftsmodell wie ein Unternehmen Werte schafft, liefert und bewahrt.27 Eine weitere Definition liefern Barringer und Ireland: „Im Grunde ist das Geschäftsmodell die Geschichte wie ein Unternehmen operiert. Wie in allen guten Geschichten gibt es Charaktere, Schauplätze, ein Motiv und eine Handlung. Damit die Handlung eines Geschäftsmodells überzeugend ist, müssen die Charaktere präzise gestaltet, ihre Motivation klar sein und die Handlung muss herausstellen, wie ein Unternehmen letztendlich Werte schafft und Profit generiert.“28. Auch wenn sich die Definitionen im Grunde ähneln, enthält die von Barringer und Ireland einen wichtigen Punkt: Das Geschäftsmodell erklärt nicht nur, wie ein Unternehmen Werte schafft, sondern auch wie es Profit erzielt. Denn wie bereits erwähnt wurde, ist jede Art von Geschäftsmodell (Pattern) insbesondere dadurch gekennzeichnet, wie es Gewinn erzielt. Daher ist die Art und Weise der Profiterzielung auch der primäre Ansatzpunkt für eine Geschäftsmodellinnovation. Um zu bewerten, ob es sich um eine Geschäftsmodellinnovation handelt, muss die Frage beantwortet werden, ob insbesondere die Art und Weise wie das Unternehmen Geld verdient, innovativ ist.
27 28

Vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S.14. Barringer/Ireland (2006), S.99.

5 Fazit

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Eine Definition von Geschäftsmodell sollte daher auch immer den Aspekt des „Wie wird Gewinn erzielt?“ enthalten. Liegt der Fokus auf der Erschaffung von Geschäftsmodellinnovationen, so ist die Definition von Geschäftsmodell nach Barringer und Ireland, der von Osterwalder/Pigneur vorzuziehen.

Literaturverzeichnis
Barringer, B., & Ireland, R. (2006). Entrepreneurship: Successfully Launching New Ventures. Upper Saddle River, New Jersey: Pearson Education, Inc. Kim, W. C., & Mauborgne, R. (2005). Blue Ocean Strategy. Boston: Harvard Business School Press. Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2010). Business Model Generation. Hoboken.

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